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Carsharing  Carsharing : Warum Teilauto künftig mehr auf Benziner setzt

Von Alexander Schierholz 13.05.2018, 06:00
Teilauto aus Halle ist auch überregional sehr beliebt.
Teilauto aus Halle ist auch überregional sehr beliebt. MZ/Archiv

Halle (Saale) - Wer kein eigenes Auto besitzt, sondern sich eines mit anderen teilt, gilt gemeinhin als besonders umweltbewusst - und erwartet das auch von seinem zeitweisen fahrbaren Untersatz. Entsprechend hat Mitteldeutschlands größter Carsharing-Anbieter in der Vergangenheit stark auf den Diesel gesetzt - weil der im Vergleich zum Benziner weniger klimaschädliches CO2 in die Luft bläst.

Doch seit der Selbstzünder in Verruf geraten ist, denkt Teilauto um: Derzeit stellt das Unternehmen seinen Fuhrpark um. Künftig sollen bis zu zwei Drittel der knapp 900 Autos mit Benzin angetrieben werden und nur noch ein Drittel mit Diesel. Noch ist das Verhältnis umgekehrt.

Teilauto: Kleinwagen-Flotte wird Schritt für Schritt komplett umgestellt

„Wir können die Debatte um Abgasmanipulationen, Stickoxide und Fahrverbote nicht ignorieren“, sagt Teilauto-Geschäftsführer Patrick Schöne. Daher werde derzeit die Kleinwagen-Flotte, die 35 Prozent des Fuhrparks ausmacht, Schritt für Schritt komplett umgestellt: Alte Diesel werden durch neue Benziner ersetzt. Die Fahrzeugklasse darunter, firmenintern „Minis“ genannt, fährt bereits seit dem vergangenen Jahr ausschließlich mit Benzin.

Kleinst- und Kleinwagen seien vorwiegend auf kürzeren Strecken in den Städten unterwegs, so Schöne: „Wenn wir wollen, dass unsere Autos ökologisch sinnvoll genutzt werden, können wir nicht mehr nur auf das CO2 schauen, wir müssen auch die Stickoxide im Blick haben.“ Bei Fahrzeugen höherer Klassen, die erfahrungsgemäß für längere Distanzen gebucht würden, sei dagegen der Diesel weiter sinnvoll. So würden etwa in der Kompaktklasse zur Hälfte Diesel und Benziner angeschafft.

Teilauto will Flotte von Elektro-Autosweiter ausbauen

Auch die Flotte von Elektro-Autos will Teilauto weiter ausbauen - allerdings auf niedrigem Niveau. Derzeit sind es 19 E-Autos, 13 sollen in diesem Jahr noch dazukommen. Der Grund für den geringen Anteil: Es gibt zu wenige Ladesäulen. „Aufgrund der mangelnden Ladeinfrastruktur können wir hier nur Stück für Stück aufstocken“, schreibt das Unternehmen in einem Newsletter.

Mit einem weinroten Skoda „Favorit“ fing vor 25 Jahren alles an. 1992 als Verein gegründet, ging Teilauto am 8. Mai 1993 mit dem Kleinwagen aus tschechischer Produktion in Halle an den Start. Mittlerweile ist aus dem Verein ein Unternehmen geworden, das 33.000 Kunden hat und Carsharing in 17 Städten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen anbietet.
In Sachsen-Anhalt ist Teilauto in Halle, Magdeburg, Dessau, Wittenberg und Merseburg vertreten, 3.800 Nutzer können auf 120 Autos zugreifen. Diese stehen an 80 Leihstationen, an denen sie nach dem Ende der Fahrt wieder abgestellt werden müssen.
In Leipzig testet Teilauto seit Jahresbeginn unter dem Namen „Cityflitzer“ das sogenannte Freefloating-Carsharing: Eingesetzt werden 100 Kleinstwagen, die keinen festen Stellplatz haben, sondern nach Fahrtende beliebig geparkt werden können.

Benziner sollen künftig mehr als die Hälfte des Fuhrparks ausmachen, möglicherweise sogar zwei Drittel, so die Pläne. Was bedeutet das für die Kunden? Zunächst einmal gar nichts. Bei Teilauto wird nach der gebuchten Zeit und den gefahrenen Kilometern abgerechnet, die Spritkosten sind darin enthalten. Geschäftsführer Schöne sagt aber, er könne nicht ausschließen, dass die Tarife irgendwann angehoben werden müssten. Schließlich ist Benzin an der Tankstelle teurer als Diesel.

Umweltzeichen des Bundes zeichnet besonders umweltfreundliche Produkte aus

Dass der Carsharing-Anbieter bisher so stark auf den Diesel gesetzt hat, hat auch mit dem „Blauen Engel“ zu tun. Das Umweltzeichen des Bundes zeichnet besonders umweltfreundliche Produkte aus. Auch Teilauto darf sich mit diesem Gütesiegel schmücken und wirbt damit. Im Falle von Carsharing-Anbietern ging es dabei bisher immer auch um einen möglichst geringen Ausstoß des Klimagases CO2 - daher die Konzentration auf den Diesel. „Der Blaue Engel war uns immer wichtig, schließlich kommen wir selbst aus der Öko-Ecke“, sagt Schöne in Anspielung darauf, dass Teilauto Anfang der 1990er Jahre in Halle als Verein gegründet wurde.

Doch im vergangenen Jahr änderte das Umweltzeichen seine Kriterien - im Zeichen der Dieselkrise. Nun spielt bei der Verleihung an Carsharing-Unternehmen der Stickoxid-Ausstoß der Flotten eine größere Rolle. Die Entscheidung, den Diesel im Fuhrpark zurückzudrängen, sei schon vorher gefallen, sagt Schöne. „Aber die Änderungen beim Blauen Engel waren wie eine Bestätigung für uns.“

Für jez mobil, den zweiten Anbieter von Carsharing in Halle, besteht zurzeit kein Handlungsbedarf: „Unser Fuhrpark besteht zum größten Teil aus Benzinern“, so Geschäftsführer Marcel Greiner. Auch wenn etwa 20 Prozent der Autos dieselbetrieben seien, so warte man bei jez mobil erst einmal eine klare Entscheidung der Politik zum Thema Diesel ab. „Im Dezember dieses Jahres eröffnen wir unsere Wasserstofftankstelle und werden dann einen Teil der Flotte dafür umrüsten“, nennt Greiner die Zukunftsperspektive seines Unternehmens. (mz)