Bußgeldkatalog Bußgeldkatalog bei Uno Pizza in Halle (Saale): Lieferdienst verlangt Geld für Fehler von Mitarbeitern

Halle (Saale) - In einer Filiale des halleschen Pizza-Lieferdienstes Uno sollen Mitarbeiter Geldstrafen zahlen, wenn sie gegen interne Regeln verstoßen.
Betroffen ist die Niederlassung in Halle-Neustadt, wo ein entsprechender „Bußgeldkatalog“ hängt. Die Summen reichen von fünf Euro für einen nicht abgegebenen Fahrzeugschlüssel des Lieferfahrzeugs bis hin zu zehn Euro für das Zuspätkommen zum Dienst oder das Tragen unvollständiger Arbeitskleidung. Auf die Existenz der Liste hatten mehrere Angestellte die MZ hingewiesen.
Uno-Geschäftsführer Thomas Kochmann behauptete zunächst, er wisse von nichts.
Auf MZ-Nachfrage erklärte Uno-Geschäftsführer Thomas Kochmann zunächst, dass er von einer solchen Liste nichts wisse. Das sei in seinem Unternehmen mit vier Standorten in Halle nicht der Standard.
Nachdem er sich jedoch mit der Filialleiterin der Neustädter Niederlassung und einem Bereichsleiter unterhalten hatte, bestätigte er, dass es den „Bußgeldkatalog“ gibt. „Es hat aber bisher noch nie ein Mitarbeiter etwas zahlen müssen“, sagte Kochmann. Offenbar gab es seitdem keine Verstöße, so dass der Bußgeldkatalog nicht zum Tragen kam. Überprüfen lässt sich das freilich nicht.
Uno Pizza-Geschäftsführer Kochmann sagt, Idee für Strafliste sei von Kollegen selbst gekommen.
Kochmann betonte, dass die Idee für die Strafliste nicht von der Geschäftsführung, sondern den Kollegen selbst, allen voran der Filialleiterin in Neustadt, gekommen sei. „Das ist eine filialinterne Verabredung unter Mitarbeitern.“ Es habe dazu eine Versammlung mit allen Angestellten gegeben.
Das Strafgeld, so es fällig werde, komme nicht der Geschäftsleitung zu Gute, sondern wandere in eine Mannschaftskasse. Von der Summe würden die Mitarbeiter später gemeinsame Feste bezahlen.
Wie lange der „Bußgeldkatalog“, Kochmann spricht von einer unglücklichen Formulierung, existiert, könne er nicht sagen. Er schätze seit zwei Monaten.
Jurist hat massive Bedenken an der Wirksamkeit der Vereinbarung
Sollte ein betroffener Mitarbeiter gegen eine solche Strafzahlung klagen, hätte er gute Chancen. Davon ist der hallesche Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hermann Gloistein, überzeugt: „Ich habe massive Bedenken an der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung“, sagte er.
Dem Jurist zufolge könnte der Aushang mit den Strafen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gewertet werden. Doch die AGB nur auszuhängen, reiche bei weitem nicht aus. „Damit sie gelten, müssen sie durch die Arbeitnehmer angenommen werden“, sagte er.
Uno Pizza-Geschäftsführer Kochmann: „Ich weiß, dass das rechtlich nicht haltbar ist.“
Die Mitarbeiter müssten den Bußgeldkatalog also schriftlich oder durch sogenanntes schlüssiges Verhalten akzeptieren. Und das ist etwa der Fall, wenn Mitarbeiter die Sanktionen mehrmals zahlen. Aber selbst in diesem Fall hätte Uno wohl schlechte Karten. „Die Arbeitsgerichte sind sehr streng, was Vertragsstrafen angeht“, so Gloistein.
Es würde die Verhältnismäßigkeit geprüft. Und wenn Mitarbeiter wegen der Strafen im schlimmsten Fall unterm Strich ohne Lohn arbeiten würden, sei das unverhältnismäßig.
Uno-Geschäftsführer Kochmann sind diese Schwierigkeiten offenbar bewusst. „Ich weiß, dass das rechtlich nicht haltbar ist“, sagte er. „Wenn das statthaft wäre, hätte ich das offiziell selbst gemacht.“ (mz)
