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Brüderstraße Brüderstraße: Prozess unter freiem Himmel

Von MICHAEL FALGOWSKI 23.05.2012, 19:35
Das Haus in der Brüderstraße ist eine Ruine.
Das Haus in der Brüderstraße ist eine Ruine. Thomas Meinicke Lizenz

Halle (Saale)/MZ. - Oder wird das Denkmal sogar ganz abgebrochen? Der Streit um eines der wertvollen Baudenkmale Halles spitzt sich weiter zu. Demnächst wird er bei einem ungewöhnlichen, zusätzlichen Gerichtstermin ausgetragen: Ulrich Meyer-Bockenkamp, Präsident des Verwaltungsgerichtes Halle bittet die Streitparteien - Eigentümer und Landesverwaltungsamt - nun an den Ort des Geschehens. Dort wird es auch noch einmal um den vom Gericht vorgeschlagenen Kompromiss gehen, der zu dem oben beschriebenen Szenario der Potemkin'schen Fassade führen könnte.

Vergleich wurde abgelehnt

Hintergrund: Eigentümer Thomas G. möchte das baufällige Haus abreißen. Das Landesverwaltungsamt als oberste Denkmalbehörde verweigerte dies aber. G. zog vor Gericht. In der ersten Verhandlung vor einigen Wochen hatte Richter Meyer-Bockenkamp einen Vergleich vorgeschlagen, dem beide Seiten zunächst zustimmten: Das Haus wird abgerissen, die barocke Fassade von 1707 samt originalem Portal und Balkon sowie das noch ältere, teilweise eingestürzte Kellergewölbe bleiben erhalten.

In der Verhandlung wurde auch deutlich, dass das Gericht die "wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Sanierung" angesichts der laut Gutachten massivem Schäden wohl nicht sehe. Ob eine Sanierung wirtschaftlich zumutbar ist oder nicht, dies ist laut Denkmalschutzgesetz entscheidend für die Urteil über Abriss oder Erhalt.

Inzwischen hat das Landesverwaltungsamt seine Zustimmung widerrufen. Andreas Riethmüller, Kultur-Abteilungsleiter, will ein Urteil. "Unsere gesetzliche Pflicht ist der Denkmalschutz. Und nicht die Denkmalvernichtung." Die Behörde wolle sich nicht länger als Abrissbirne missbrauchen lassen. Bei einer Niederlage werde man in Berufung gehen.

Und mehr noch: "Wir erwägen auch ein Anzeige gegen den Eigentümer. Denn er hatte die Plicht, das Denkmal zu erhalten nicht erfüllt." Es wäre das erste Mal in Sachsen-Anhalt, dass ein Eigentümer deswegen verklagt würde, so Riethmüller. Er habe genug: "Immer wieder lassen Eigentümer denkmalgeschützte Häuser verfallen. Dabei haben sie beim Kauf doch gewusst, worauf sie sich einlassen. Und Fördermittel gibt es für die Sanierung auch."

Fördermittel stecken in der Ruine

Thomas G. hatte 2004 das Haus im Denkmalbereich Brüderstraße gekauft - in einem Paket mehrerer Gebäude. Das Haus war damals schon stark baufällig. Drei Jahre später hat G. den ersten Abrissantrag gestellt, den er später zurückzog. Auf Fördermittel kann er freilich nicht mehr hoffen, denn der Vorbesitzer hatte bereits einen hohen sechsstelligen Beitrag bekommen, verbaut - und das Haus dennoch verfallen lassen.

Bei der Gerichtsverhandlung unter freiem Himmel wird es auch um die künftige Nutzung des Gebäudes gehen. Laut Anwalt von Thomas G. stehe diese noch nicht fest.