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Bruder Clemens aus Halle Bruder Clemens aus Halle: Seine größte Schwäche ist gutes Essen

Von Julia Rau 05.03.2017, 07:00
Bruder Clemens im Kloster in der Lauchstädter Straße.
Bruder Clemens im Kloster in der Lauchstädter Straße. Holger John

Halle (Saale) - Zweimal täglich eine schmale Scheibe Brot, dazu Wasser und nach 40 Tagen hängt die Kutte lose auf knochigen Schultern. „Haha, nicht mit mir“, sagt Bruder Clemens. Im Franziskanerkloster in Halle sieht Fasten so überhaupt nicht nach strenger Selbstgeißelung aus, schon gar nicht bei Bruder Clemens. Denn seine größte Leidenschaft ist – und bleibt es auch zwischen Aschermittwoch und Ostern – das Essen. Dem gebürtigen Franken geht nicht viel über ein gutes Fischfilet oder ein paar deftige Bratwürste.

Nur auf die Lieblingsspeisen zu verzichten oder sich Süßkram zu verkneifen, sei ohnehin nicht der ganze Sinn der Sache, sagt Bruder Clemens. Seit 25 Jahren fastet der katholische Priester mittlerweile, allerdings ohne sich dabei durch stumpfen Verzicht zu malträtieren. „Es ist überhaupt nicht zielführend, sich einfach strenge Regeln aufzuerlegen, man muss schon einen Sinn im Fasten sehen.“

Bruder Clemens aus Halle: Wertschätzung für Dinge, die man noch genießen kann

Also nur wegen eines Datums zu meinen, man müsse jetzt eine Selbstgeißelung anfangen, indem man sich Gummibärchen und Zigaretten verbietet, bringe niemanden voran. Für ihn besteht der Sinn darin, „meine Gewohnheiten zu hinterfragen“, erklärt er. Konkret heißt das für den 50-Jährigen, „meine Wortwahl zu überdenken“. Denn bisher rede er zu oft einfach drauf los und dazu noch viel zu viel, wie er sagt.

Außerdem mache es den Kopf klar, ein paar Selbstverständlichkeiten auf den Prüfstand zu stellen, um zu sehen, „was ich im Alltag wirklich brauche“. Das gelte natürlich für Christen wie für Konfessionslose. „Sonst würde man ja immer nur so in den Tag hineinleben, alles wäre alltäglich und das ist mir einfach zu wenig“, sagt der Klosterbruder. Da er zudem oft mit Menschen zusammenkomme, die wenig haben, empfinde er Wertschätzung für Dinge, die man noch genießen kann, als sehr wichtig.

Bruder Clemens aus Halle: Nach 40 Tagen Fastenzeit schmeckt so ein Braten gleich ganz anders

„Ich kenne jemanden, der es liebte, Auto zu fahren. Aber bis er das nicht mehr konnte, war Autofahren nie eine große Sache für ihn.“ Und nach 40 Tagen Fastenzeit, „da schmeckt so ein Braten gleich ganz anders, plötzlich ist er wieder was Besonderes“, sagt der Genussmensch.

Im Kloster selbst wirkt sich die Fastenzeit natürlich auf den Speiseplan aus. Bis Ostern gibt es nur an Sonntagen Fleisch und Fisch in der Klosterküche. Gekocht wird abwechselnd, wie in einer WG. Wer von den vier Brüdern am Herd steht, entscheidet auch, was auf den Tisch kommt. Abgenommen habe Bruder Clemens nie während der 40 Tage, schon jetzt freue er sich auf den Osterschinken. Die Besinnung auf das, was wichtig ist, bleibe meist noch nach dem Fastenende erhalten. „Man verändert sich in der Zeit immer“, sagt er. (mz)