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Böhmisches Kristall krönt Sessions-Saal

Von Heidi Pohle 23.05.2008, 15:47

Halle/MZ. - Am Freitag hätten sie ihre helle Freude daran gehabt - wurde der Saal doch nach historischem Vorbild prächtig restauriert der Öffentlichkeit präsentiert.

Kein Wunder also, dass der Kustos der Uni Halle, Ralf-Torsten Speler, ins Schwärmen geriet und vom Feinsten sprach, das es neben der Aula im Löwengebäude gibt. "Seine Wiederherstellung ist das i-Tüpfelchen auf dem Restaurierungsprozess des Hauptgebäudes." Realisiert werden konnte das Projekt, weil die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Saalesparkasse rund ein Drittel der Gesamtsumme beisteuerten. Zahlen wollte Uni-Kanzler Martin Hecht nicht nennen. Nur so viel: "Es handelt sich um eine niedrige sechsstellige Summe. Ein Drittel stammt von den Sparkassen, zwei Drittel von der Uni sowie von Spendern."

Claus Friedrich Holtmann, Vorsitzender der Stiftung und geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, meinte, dass das Geld "exzellent angelegt" sei. Er verstehe die Förderung auch als Referenz an die Stadt. Er freue sich, seinen Kollegen zum sechsten ostdeutschen Sparkassentag am 26. und 27. Mai diesen Raum im Löwengebäude, dem Tagungsort, präsentieren zu können. Zumal auch die Sauer-Orgel der Aula von Stiftung und Saalesparkasse gefördert worden sei.

Blickfang im Sessions-Saal mit antik-grünen Wänden ist ein gewaltiger Leuchter aus böhmischem Kristall. Speler schätzte die Zahl der Prismen, aufgereiht auf Schnüre, auf gut 400. Darunter steht ein großer runder Empire-Tisch auf den freigelegten Dielen aus Nadelholz. An der Südwand hängen - neu gerahmt - Bildnisse der Rektoren in drei Reihen, 18 an der Zahl. Es sind nicht nur jene, die den Saal noch nutzten, sondern auch deren Vorgänger wie Christian Thomasius, der die erste Vorlesung in Deutsch hielt, sowie August-Hermann-Francke, dem Begründer der Franckeschen Stiftungen. Ihnen gegenüber schmücken Gelehrten-Porträts des 19. Jahrhunderts die Wand.

Die Decke hat der hallesche Restaurator Peter Schöne originalgetreu bemalt. Wie er erklärte, seien die in einem dunkleren Rot-Ton gehaltenen Ornamente illusionistische Stuckmalerei. Mit Licht und Schatteneffekten werde der Eindruck erweckt, dass es sich um Stuck handele; eine im Spätklassizismus durchaus gebräuchliche Methode, so Schöne, der mit seinen Mitarbeitern drei Monate an dem Auftrag arbeitete. Es sei eine sehr anspruchsvolle Arbeit gewesen.

Bereits 1999 hatte die Uni begonnen, die Ausstattung des Raums zusammenzutragen. Denn die Gemälde waren im Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern requiriert und in Stuttgart aufbewahrt worden. Erst 1961 kamen sie nach Halle zurück, wie Speler erzählte. Sie wurden jedoch nie gezeigt, weil unter den Rektoren "Reaktionäre" gewesen sein sollen. Der Raum diente zu DDR-Zeiten als Bibliothek des Instituts für Marxismus / Leninismus. Jetzt soll der Saal für repräsentative Zwecke genutzt werden, für Festlichkeiten und Gespräche mit hochrangigen Persönlichkeiten. Den Hallensern ist er zugänglich bei Veranstaltungen im Löwengebäude sowie beim Denkmal-Tag am 14. September.