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Kai Jaeger  BMX-Rad-Fahrer Kai Jaeger: Hallenser vollführt artistische Tricks

Von Josephine Klüver 31.07.2016, 10:00
Herr von Freistil  - so lautet das Pseudonym des BMX-Fahrers. An einigen Tricks übt er jahrelang, bis sie funktionieren.
Herr von Freistil  - so lautet das Pseudonym des BMX-Fahrers. An einigen Tricks übt er jahrelang, bis sie funktionieren. Holger John

Halle (Saale) - Unter dem wachsamen Blick der Ghandi-Büste am neuen Steintorcampus fährt Kai Jaeger mit seinem Fahrrad in einer langgezogenen Acht den ordentlich gepflasterten Weg auf und ab. „Der nächste ist mein Lieblingstrick, der Rolling Boomerang“, ruft er im Vorbeifahren. Dann verlangsamt er die Geschwindigkeit, erhebt sich aus dem Sattel und schwingt mit seinem Körper in einem Halbkreis um das Vorderrad; gleichzeitig dreht sich der Lenker um 180 Grad mit. Der Trick ist beendet, als er elegant wieder auf den Pedalen landet und das Rad wieder Fahrt aufnimmt.

Waghalsige Tricks und Stunts mit dem Fahrrad machen - so in etwa lässt sich die in den 1960ern in den USA entstandene Sportart „Bicycle Motocross“, kurz BMX, zusammenfassen. In Deutschland etablierte sich dieser Sport in den Achtzigern. Seitdem hat sich einiges getan. Unter dem Sammelbegriff des „Freestyle-BMX“ werden verschiedene Disziplinen gefasst, die sich zwischen der Fahrweise und der Beschaffenheit des Rades gravierend unterscheiden.

„Flatland-BMX“

Die Tricks des gebürtigen Luckenwalders lassen sich dem „Flatland-BMX“ zuordnen, bei der die ästhetische Abfolge verschiedener Trickkombinationen eine möglichst ebene Fläche erfordert. Bevor eine Übungsstunde beginnt, greift Jaeger des Öfteren zum Besen, um die Übungsfläche zu kehren. Sand oder kleine Steine bergen die große Gefahr eines Wegrutschens. In der Szene gilt das Flatlandfahren als Königsdisziplin des BMX-Sports. Wie selbstverständlich vollführt er akrobatische Bewegungen, mit denen er immer wieder der Schwerkraft zu trotzen scheint.

„Das ist wie Ballett mit dem Fahrrad“, erklärt Jaeger. Die gefährlich aussehenden Tricks tragen englische Namen wie „Hitchhiker Turbine“, „Half Flash“, „Gerator“ oder „Miami Hopper“ und erfordern teilweise jahrelange Übung, bis sie fehlerfrei innerhalb von wenigen Sekunden aufgeführt werden können. In der BMX-Szene gilt Jaeger schon als erfahrener Profi. Nahezu zwanzig Jahre lang betreibt er diesen Sport. „Mir hat das normale Fahrradfahren nie ausgereicht. Ich fahre fast länger BMX, als ich laufe“, witzelt der 30-Jährige in charmantem Berliner Dialekt. Unter dem Pseudonym „Herr von Freistil“ tritt er regelmäßig auf Shows auf und sahnt Preise ab - unter anderem holte er sich 2015 den Jahressieg bei der Kleinkunstshow „Kunst Gegen Bares“.

Vorführung vor Publikum

Vor Auftritten ist er oft wahnsinnig nervös. Sobald er jedoch auf das Rad steigt, scheinen sämtliche Sinne geschärft. Der Erwartungsdruck, der bei einer Vorführung vor Publikum entsteht, wirkt sich positiv auf ihn aus. „Ich brauche ein Publikum, um an meine Grenzen und darüber hinaus zu gehen.“

Wie bei vielen Sportarten, macht auch hier die Übung den Meister. Drei Mal wöchentlich für vier Stunden schwingt sich der Kunstsportler auf sein 20-Zoll Rad. Dass er noch nie eine ernsthafte Verletzung davongetragen hat, ist bei seiner guten Körperbeherrschung nicht verwunderlich.

„Herr von Freistil“

Wenn ein Kunststück danebengeht und jeder Zuschauer kurz die Luft anhält, springt „Herr von Freistil“ katzenartig neben dem Rad zu Boden, geht zwei Schritte und schwingt sich für eine weitere Runde auf den Sattel. Geduld und Konditionierung sind bei dieser Sportart wichtig. „Ich muss einfach das Gleichgewicht halten, als hätte der Sprung nie stattgefunden“, resümiert Jaeger bei einem Patzer und startet einen erneuten Versuch.

Seit fünf Jahren wohnt Jaeger in Halle, arbeitet in einer Textildruckerei und fühlt sich hier wohl: „Halle ist ein wunderbarer Inspirationsort.“ Der Fußweg am fertiggestellten Steintorcampus ist sein neues Trainingsgebiet geworden. „Am liebsten fahre ich gegen Mitternacht, dann blendet keine Sonne und die Laternen leuchten den glatten Weg perfekt aus“, offenbart Jaeger, während er freihändig auf dem Hinterreifen balanciert und mitsamt Rad eine Pirouette dreht. (mz)