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Beratung unter freiem Himmel Beratung unter freiem Himmel: Autohändler während Corona-Krise in Sorge

Von Oliver Müller-Lorey 06.04.2020, 13:30
Michael Wünsch darf seine Verkaufsräume nicht mehr öffnen.
Michael Wünsch darf seine Verkaufsräume nicht mehr öffnen. Silvio Kison

Halle (Saale) - Ungewöhnlich hemdsärmelig beantwortete Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) in der vergangenen Woche eine Reporter-Frage in der täglichen Pressekonferenz. Was Hallenser, die nun ein Auto kaufen wollten, denn nun tun könnten, schließlich hätten die Autohäuser mit Ausnahme der Werkstatt ja geschlossen, fragte ein Journalist.

Wenn er ein Autohändler wäre, sagte Wiegand, der sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie bewusst staatsmännisch gibt, wüsste er schon Mittel und Wege, Autos zu verkaufen - auch jetzt.

„Wir stehen vor einer Wirtschaftskrise“

Über diese Aussage kann Michael Wünsch, Geschäftsführer des Autohauses DIT in der Merseburger Straße nur den Kopf schütteln. Wiegand mache sich offenbar kein Bild davon, wie schwer die Krise ihn und andere Autohändler treffe, sagt er.

„Wir stehen vor einer Wirtschaftskrise. Die Nachfrage nach Autos ist komplett zusammengebrochen.“ In diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten, in denen viele von Kurzarbeit bedroht sind, würde kaum noch jemand ein Auto kaufen. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Kunden müssen sich Autos unter freiem Himmel anschauen

Denn selbst wenn ein Kunde Interesse zeigt, macht das Kontaktverbot einen gewöhnlichen Kaufprozess so gut wie unmöglich. Weil die Ausstellungsräume geschlossen sind, müssen Kunden sich die Wagen nun unter freiem Himmel anschauen. Der Verkäufer steht mit dem Sicherheitsabstand von zwei Metern daneben.

Der Vertragsabschluss darf wiederum nicht auf dem Gelände des Autohauses stattfinden. Kunden müssen das Auto online oder am Telefon kaufen. Es sei kein Wunder, dass vielen das zu kompliziert sei. „Allein die Anzahl der Interessenten, die noch lange nicht kaufen müssen, ist von 20 auf zwei am Tag eingebrochen“, sagt Wünsch. Die Aussage des Oberbürgermeisters hält er für zynisch.

Die meisten Verkäufer befinden sich im Homeoffice

Auch im Autohaus PS Union in Halle-Neustadt treibt die Corona-Krise seltsame Blüten. Die Werkstatt bleibt zwar geöffnet, Verkaufsräume sind aber auch dort zu. An der Tür hängt ein Brief, der die Kunden über die geänderte Situation aufklärt und eine Liste mit Telefonnummern beinhaltet. Interessenten können einen Verkäufer - die meisten befinden sich im Homeoffice - anrufen, der dann auf den Hof kommt.

„Dort ist eine Besichtigung mit Mindestabstand möglich“, sagt Geschäftsführer Volker Ciesiolka. „Das ist vielleicht umständlicher für den Kunden aber auch individueller“, versucht er der Situation etwas Gutes abzugewinnen.

Beratung finde nur am Telefon und per Mail statt

Die Verkaufsräume zu schließen ist dagegen im Mitteldeutschen Autohaus in der Rudolf-Ernst-Weise-Straße keine Option, wie Geschäftsführer Detlev Schneider erklärt.

„Der Kundendienst und die Kasse sind bei uns in den Verkaufsräumen integriert. Wir haben daher die Ausstellungsflächen mit Absperrband abgetrennt, um zu signalisieren, dass sie gesperrt sind“, sagt er. Eine Beratung finde nur am Telefon und per Mail statt - wenn überhaupt. „Denn das Geschäft ist zum Erliegen gekommen.“ (mz)