Ausstellung im Landesmuseum in Halle Ausstellung im Landesmuseum in Halle : "Am Krieg ist nichts Heroisches"

Halle (Saale) - Ein Massengrab empfängt in knapp drei Wochen die Besucher der Sonderausstellung „Krieg“ im Landesmuseum für Vorgeschichte. 47 Skelette von Soldaten, die am 6. November 1632 bei der Schlacht von Lützen getötet wurden: erschossen, niedergehauen, abgestochen. Manche auch alles zusammen. Viele dieser Landsknechte, die meisten waren Norddeutsche in schwedischen Diensten, waren mit verfaulten Zähnen in die Schlacht gezogen, sie litten unter Syphilis oder an entzündeten früheren Verletzungen. Und ihre Schädel hatten sie sich wegen der Milben und Läuse aufgekratzt. Wahrscheinlich hat man ihnen am Ende nicht einmal das letzte Hemd gelassen.
Joachim Gauck übernimmt Schirmherrschaft
All das haben Wissenschaftler anhand der im Jahr 2011 gefundenen Skelette im Massengrab erforscht. Aufgerichtet, dient dieses weltweit größte in einem Block geborgene Grab nun als Intro der Sonderausstellung „Krieg“, die am 6. November für das Publikum öffnet. Bundespräsident Joachim Gauck hat die Schirmherrschaft übernommen. Das ist sonst nur bei Landesaustellungen üblich.
Nur noch wenige Tage sind es bis zur Eröffnung. Überall in den Räumen werden derzeit Möbel montiert und wertvolle Fundstücke inszeniert. Es herrscht Sicherheitsstufe eins - auch Landesarchäologe Harald Meller muss sich einen Ausweis ausstellen lassen, um die Räume im Erdgeschoss zu betreten. 900 Ausstellungstücke werden die archäologische Erforschung des Phänomens Krieg illustrieren. Sie stammen aus 62 Sammlungen, ausgeliehen aus Museen in zwölf Ländern Europas.
Der Degen von Albrecht von Wallenstein
Der Rundgang beginnt am erschütternden Lützener Massengrab der 47. „Das zeigt uns allen: Am Krieg ist nichts Heroisches. Am Ende liegen die Soldaten nur im kalten Schlamm“, sagt Harald Meller. So lautet die ziemlich eindeutige Botschaft des Massengrabes, dessen Funde und deren wissenschaftliche Aufarbeitung das Atrium des Hauses gewidmet ist. „Wir zeigen hier das Leiden der namenlosen Soldaten“, sagt Meller. Ohne die weltgeschichtliche Prominenz der Schlacht geht es gleichwohl nicht: König Gustav II. Adolf und der kaiserliche General Albrecht von Wallenstein, die sich in Lützen mit zusammen rund 40 000 Mann gegenüber standen, ist ein weitere Raum gewidmet. Dabei wird dem prächtigen Degen Wallensteins, und der originalen Reitjacke des Schwedenkönigs aus der Schlacht auch deutlich weniger prunkvolle Fundstücke gegenüber gestellt, die aus mitteldeutschen Feldlagern und verwüsteten Orten gegraben wurden.
Krieg seit der Jungsteinzeit
Im zweiten Teil widmetet sich „Krieg“ der vorgeschichtlichen Schlachten. Seit wann gibt es Krieg? „Gewalt gab es immer. Wir zeigen auch den ältesten Mord der Menschheit: Vor rund 400 000 Jahren wurde in einer Höhle im heutigen Spanien ein Mann der Schädel eingeschlagen - mit einem Faustkeil, zwei Schläge“, sagt Meller. Aber Krieg sei dies natürlich noch nicht. „Von kriegerischen, organisierten Auseinandersetzungen mit Waffen können wir erst ab der Jungsteinzeit sprechen, in der die Menschen sesshaft wurden und Grenzen zogen.“ Also etwas, das man verteidigen konnte - und musste. Erst ab 5 500 vor Christus entwickelten sich spezialisierte Kämpfer und Krieger, später Heere. An der Schlacht im Tollensetal im heutigen Mecklenburg nahmen vor mehr als 3 000 Jahren bereits bis zu 4 000 Männer teil. „Wie rund die Hälfte aller Ausstellungsstücke sind auch die meisten aus dem Tollensetal das erste Mal überhaupt zu sehen“, sagt Meller.
Mit dem einzigartigen Lützener Massengrab steht im Landesmuseums für Vorgeschichte nun ein wirklich außergewöhnliches Antikriegs-Monument. Und genau so will man die „Kriegs“-Schau, die bis zum 22. Mai läuft, verstanden wissen. Das Grab ist dafür ein gutes Symbol: Einen Sieger hatte die Schlacht nicht, nur jede Menge Verlierer. 6 500 Soldaten sollen auf dem Acker verscharrt worden sein. Nur 47 wurden gefunden. (mz)
