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Ausstellung bei Zaglmaier Ausstellung bei Zaglmaier: Holzstich trifft Rock 'n' Roll

Von Detlef Färber 28.08.2015, 17:28
Tobias Gellscheid und sein Linolschnitt „Beat“.
Tobias Gellscheid und sein Linolschnitt „Beat“. Lutz Winkler Lizenz

Halle (Saale) - Mitleid kriegt man geschenkt, für Neid muss man was tun - heißt es. Um so mehr tun muss man für Beifall. Und noch mehr für jenen schon legendären Beifall mit kollektiver weiblicher Fast-Ohnmacht, mit dem die alten - oft längst toten - Helden der Beat- und Rock ’n’ Roll-Ära weltberühmt geworden sind: jene Kreisch-Alarm-Hysterie der ersten wirklichen Großkonzerte und Festivals der 1950er und 60er Jahre.

Der junge hallescher Künstler Tobias Gellscheid hat sich jüngst anlässlich seiner Diplomarbeit raffinierterweises gerade der Bildwelt dieser Zeit zugewandt - und damit auch für sich selbst eine Art von Beifall organisiert, wie man ihn von Expertenseite selten hört, wenn es um die Arbeiten von Burg-Absolventen geht.

Großmeister Uwe Pfeifer sei da gewesen und habe „höchste Anerkennung gezollt“, sagt Galerist Thomas Zaglmaier mit Blick auf seine kleine aber feine Kabinettausstellung, in der er unter anderem etliche großformatige Arbeiten des aus dem thüringischen Pößneck stammenden Schülers von Grafik-Professor Thomas Rug präsentiert. Zu sehen ist dabei eine echte Rarität: die weitgehend vergessene, zumindest aber kaum noch gepflegte Kunst des Holzstichs nämlich.

Im 19. Jahrhundert vor allem zwecks Reproduktion der damals noch jungen Fotografie erfunden, ist sie von großen Künstlern und Illustratoren wie Gustave Doré oder Honoré Daumier zu hoher Perfektion geführt worden. Gellscheid, gelernter Holz-Bildhauer, der auch schon als Restaurator gearbeitet hat, kann in der Holzstich-Technik auch sein ganzes handwerkliches Können im Umgang mit dem Material einbringen. Das sei auch nötig bei einer Technik, die - wie Gellscheid meint - für die großen alten Holzschnitt-Künstler noch nicht in Betracht gekommen sei, weil die damals nicht über ausreichend gute Hobel oder Schleifwerkzeuge verfügten.

Und später sei der Holzstich durch neue technische Möglichkeiten zur Fotoreproduktion nicht mehr gebraucht worden. Was für wenige Gegenwartskünstler wie den inzwischen 32-jährigen Wahlhallenser den Vorteil hat, dass nun eine exklusive Technik wieder rein für künstlerische Zwecke zur Verfügung steht - für die wenigen, die sie beherrschen. Franca Bartholomäi, Sachsen-Anhalts Kunstpreisträgerin und erfolgreiche Holzschneiderin, bescheinigt Gellscheid in ihrem Diplomgutachten, dass er „grafisch dichte“ und „inhaltlich hoch aufgeladene Arbeiten“ abgeliefert habe.

Entstanden sind - vor allem bei den Jubelbildern, die auf alten Fotos fußen - eindrucksvolle Effekte. Sei es durch die dezenten Eingriffe und Abwandlungen des Fotografischen, sei es durch die leisen, rötlichen Akzente im fast schwarz-weißen Dreifarbdruck. Ergebnis von alledem sind altmeisterlich wirkende Frauenbilder, die hinter banal- euphorischem Gekreisch die Aura großer Gefühle aufscheinen lassen.

Ausstellung in der Galerie Zaglmaier in der Großen Steinstraße 57. Geöffnet ist werktags in der Zeit von 13.30 bis 18.30 Uhr. (mz)