Ausbildung Ausbildung: Halle fehlen Fahrrad-Monteure
Halle (Saale)/MZ. - Bei der Fahrrad-Freundlichkeit hat Halle in einer Umfrage vor Kurzem zwar sehr schlecht abgeschnitten. Doch trotz mangelhafter Radwege und häufigen Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern kaufen die Hallenser und die Bewohner des Umlands immer mehr Fahrräder.
Allerdings wird es zusehends schwieriger, ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen, die die Zweiräder reparieren und warten können. Dagegen will die hallesche Handwerkskammer jetzt etwas unternehmen und ein Ausbildungszentrum für die gesamte Branche in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen gründen.
Uwe Bönicke aus Roßbach im Saalekreis ist Chef der Prüfungskommission für das Zweiradmechaniker-Handwerk bei der Kammer. Ihm zufolge haben die 74 Fahrrad-Werkstätten unter den Mitgliedsbetrieben in der Region unter Fachkräftemangel zu leiden. "Bundesweit sind 2011 gerade einmal 623 Zweiradmechaniker oder -monteure ausgebildet worden. Nur 92 davon waren es in den neuen Bundesländern inklusive Berlin", sagt Bönicke.
In ganz Sachsen-Anhalt gebe es jährlich etwa nur 15 Azubis für diesen Bereich. "Die Folge ist, dass man beispielsweise in großen Städten wie in Halle lange auf die Reparatur seines Fahrrads warten muss." Und weil in den Werkstätten zahlreiche ungelernte Mitarbeiter tätig seien, hapere es verbreitet auch an der Servicequalität, so Bönicke.
Und dabei brummt das Verkaufsgeschäft regelrecht. Der Bedarf an Servicedienstleistungen wächst ebenso. Kai Ander ist Leiter der halleschen Filiale des Markts "Fahrrad XXL" in der Delitzscher Straße, einem der größten Händler der Region. Ihm zufolge sind in seinem Geschäft 2012 insgesamt rund 5 000 Räder verkauft worden. "Tendenz seit Jahren steigend", so Ander.
Immer gefragter seien dabei Fahrräder mit Elektromotor: "Mit rund 150 Stück hatten wir im vergangenen Jahr einen Verkaufsanstieg von mehr als 100 Prozent." Der Filialleiter kennt auch das Fachkräfteproblem in den Werkstätten. "Wir haben mit drei Mitarbeitern und zwei Lehrlingen zwar keine freie Stelle. Doch es hat lange gedauert, bis wir unser Team zusammenhatten." Und die Truppe habe straff zu tun.
Die Gründe für die Situation sind vielschichtig. Neben dem demografisch bedingten allgemeinen Rückgang an Lehrlingen nennt Meister Bönicke den geringen Bekanntheitsgrad des Fahrradmechanikerberufs. Der Verkaufsboom habe das Interesse noch nicht anfachen können.
"Ein Grund ist sicher auch die relativ geringe Bezahlung. Ein Handwerker bekommt eben weniger Geld als ein Banker." Branchenangaben zufolge kann ein ausgebildeter Fahrradmechaniker je nach Größe des Betriebs mit einem Lohn von rund 800 bis 1 300 brutto im Monat rechnen.
Deshalb bläst die Handwerkskammer jetzt zur Offensive. "Wir können nur punkten, indem wir deutlich machen, dass Fahrradmechaniker und -monteur anspruchsvolle und vielseitige Berufe sind", sagt Ralf Niederlohmann, der zuständige Fachbereichsleiter im kammereigenen Bildungs- und Technologiezentrum (BTZ) in Halle.
Dort soll am 14. Februar ein neues Ausbildungszentrum für die Zweiradbranche eröffnet werden "Wir wollen Zweiradmechaniker mit den Spezialisierungen Fahrrad oder Motorrad, Fahrradmonteure sowie Kfz-Mechatroniker für Motorradtechnik ausbilden", erläutert Niederlohmann. Neben der Ausbildung in den Heimatbetrieben und in der Berufsschule in Leipzig sollen die Lehrlinge in den überbetrieblichen Kursen in Halle durch sehr praxisorientierte Angebote zusätzliches und dringend benötigtes Rüstzeug für ihren Beruf vermittelt bekommen.
Dieses Programm soll auch den Handwerkskammern in Sachsen und Thüringen schmackhaft gemacht werden, wo die Lehrlingsausbildung der Zweiradbranche laut Bönicke und Niederlohmann ebenfalls Nachholbedarf hat. "Wir erwarten zur Eröffnung auch einige Vertreter dieser Kammern."
Die Image-Initiative der Handwerker für die Zweiradberufe könnte indes auch einen Positiv-Effekt für die Industrie- und Handelskammer (IHK) haben. Dieser Kammer gehören rund 90 Firmen an, deren Schwerpunkt beim Fahrrad-Verkauf und nicht beim Service liegt.
Die Probleme sind aber vergleichbar: Über die IHK werden ebenfalls Fahrradmonteure ausgebildet. "Seit 2004 hatten bei uns pro Jahr acht, neun Lehrlinge angefangen. 2012 war es nur noch einer ", sagt Simone Danek, IHK-Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung.