Aufzucht im Bergzoo Aufzucht im Bergzoo: Ein ganzes Kilo Fisch als Tagesportion
Halle/MZ. - Dort wohnen Hatifa und Hendrikje, zwei junge HumboldtPinguine, in einer Art Kindergarten. Fisch ist ihr Lieblingsgericht.
Argwöhnisch von den Zoo-Schäferhunden Lukas und Ulrike beobachtet, untersucht die kleine, weiß-graue Hendrikje ihre Umgebung. Sie wurde am 18. November 2001 geboren und hat - anders als die zwei Wochen jüngere Hatifa - schon fast alle weichen Dunenfedern gegen ein wasserdichtes Jugendkleid getauscht. Geschlüpft in der Pinguinanlage, wurden die beiden nach sechs Wochen aus ihren Nestern geholt. Denn sie mussten an die Fütterung mit der Hand gewöhnt werden.
Dieses Prozedur blüht im Bergzoo allen Pinguinjungen - 16 waren es im vergangenen Jahr. Denn für die Vögel ist das überlebenswichtig. "Um Vogelmalaria und Aspergelose - eine häufige Pilzerkrankung der Atemwege - vorzubeugen, bekommen die Pinguine jeden Tag eine mit Mineralstoffen und Vitaminen angereicherte Tablette", erklärt der Ornithologe und stellvertretende Zoo-Direktor Tim Spretke. Damit wirklich jedes Tier erreicht wird, gehe das nur einzeln und per Hand.
Um zu überleben, müssen Hendrikje und Hatifa vor allem wachsen. Deshalb verdrücken sie in ihrer sechswöchigen Aufzucht-Station ein Kilo Fisch täglich - erst kleine Sprotten, dann vor allem Heringe, die sie in einem Stück herunterwürgen. Bevor es zum Wiedersehen mit den Artgenossen auf der Freianlage kommt, werden sie in einem Wasserbecken an ihr eigentliches Element gewöhnt. "Das geht schnell", weiß Pflegerin Petra Strecker. "Sobald sie Wasser sehen, wissen die jungen Pinguine, was sie tun müssen. Aufgeregt tauchen sie immer wieder den Kopf unter."
Nun warten die Tierpfleger auf das Ende der frostigen Tage. Denn anders als viele Zoobesucher glauben, mögen Humboldt-Pinguine den deutschen Winter überhaupt nicht. "In ihrer Heimat, der Küste von Chile und Peru, ist es deutlich wärmer. Frost gibt es dort nie", so Ornithologe Spretke. "An besonders kalten Tagen könnten sie sich die Flügelspitzen und Füße erfrieren." Trotz dieser Gefahr sind die südamerikanischen Humboldts mit gut 1 000 Tieren die häufigste Pinguinart in den Zoos der Welt. In freier Wildbahn sind sie selten. Es gibt nur noch etwa 10 000 Tiere.
Aber davon ahnen weder Hen-drikje und Hatifa, noch die 50 Artgenossen draußen auf der Anlage etwas, denn dort ist es für die vielen Frackträger ziemlich eng geworden. Tim Spretke: "Unser Ziel sind 30 Pinguine in einer festen Gruppe." Die übrigen sollen an andere Zoos abgegeben werden. Ob Hendrikje in Halle bleibt, ist also fraglich.
Doch im Moment ist ihr das ziemlich schnuppe. Auf dem Schoss ihrer Pflegerin ist sie eingeschlummert - geschafft vom eigenen Forschungsdrang. Von der scheuen Hatifa schaut nur noch die Schnabelspitze aus der Kiste. So unterschiedlich wie die beiden sind auch alle anderen Pinguine. "Sie haben einen sehr individuellen Charakter", sagt Strecker. "Wir erkennen sie nicht nur an ihrem Personalausweis - den Punkten auf dem Bauch - sondern auch am Verhalten." Darin ähnele der Pinguin dem Menschen: Es gibt die Zicke wie den liebevollen Liebhaber, der seine Gattin mit Geschenken - Tannenzapfen, Steinchen oder einem Fisch - beglückt. Andere Paare machen sich das Leben dagegen mit ständigem Streit zur Hölle. Und obwohl Pinguine-Paare bis zum Tod eines Partners zusammenbleiben, treibt es einige dann und wann in die Flügel anderer. Dieses Treiben beschäftigt jetzt sogar die Uni-Tierklinik. Dort wird untersucht, ob Hendrikje, Hatifa und der andere Nachwuchs wirklich vom richtigen Vater stammen.
Doch diese Frage ist, ist halleschen Kindergruppen egal, wenn sie die Vögel streicheln dürfen. Meist hat der Zoo ein oder zwei Jung-Vögel, die zu Vorführungen aus der Anlage herausgenommen werden - so wie bisher Gabi und Homer. Kurioserweise ist Gabi das Männchen und Homer das Weibchen. Wieso? Weil die Pfleger den Jungpinguinen Namen geben, wenn deren Geschlecht noch nicht eindeutig bestimmbar ist. Und so könnten sich auch Hendrikje und Hatifa noch als Pinguinmänner entpuppen.