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Asylstreit in Halle Asylstreit in Halle: Jugendliche Flüchtlinge spalten Nietleben

Von Oliver Müller-Lorey und Julius Lukas 13.04.2016, 13:32
Andreas Leopold
Andreas Leopold TV Halle

Halle (Saale) - Bei Andreas Leopold klingelte das Telefon in den vergangenen Tagen etwas häufiger als gewöhnlich. „Mich haben viele Bekannte angerufen, die den Beitrag über die Anwohnerversammlung bei TV Halle gesehen haben“, erzählt der 59-Jährige. Sogar aus Australien meldeten sich Freunde. „Die waren erschüttert über die aufgebrachten Reaktionen und Äußerungen Einzelner.“

Leopold ist der Vorsitzende des Nietlebener Heimatvereins. Seit über 25 Jahren lebt er in dem dörflich geprägten Stadtteil von Halle, in dem derzeit vor allem ein Thema diskutiert wird: Die Unterbringung von 16 minderjährigen Flüchtlingen in der ehemaligen Landesschule des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und die Reaktion einiger Bürger darauf. Am vergangenen Donnerstag informierte der Betreiber der Unterkunft, der DRK-Kreisverband, die Anwohner darüber, dass in ihrem Stadtteil ab Mai eine sogenannte „Clearingstelle“ eröffnet wird. Dort werden alleinreisende, minderjährige Flüchtlinge betreut. Auf der Versammlung zeigten sich Teilnehmer empört und ablehnend. Eine Frau äußerte sogar die Vermutung, da kämen „13-Jährige, die Frauen vergewaltigen“.

Seit der Versammlung hätten sich laut Leopold zwar die Wogen geglättet. Die Einwohner von Nietleben seien aber noch immer geteilt: „Die Meinungen, die man so erfährt, schwanken zwischen Zustimmung, nicht allzu offener und auch offener Ablehnung.“ Dass die Gegnerschaft allerdings weniger breit ist, als es vielleicht scheint, macht Mathias Nobel deutlich: „Die meisten hier haben nichts gegen die 16 Flüchtlingskinder“, meint der Betreiber des im Stadtteil gelegenen Heidebades.

Mit ihm zusammen und dem Heimatverein plant Andreas Leopold bereits Aktionen für die neuen Einwohner von Nietleben - etwa ein Tischtennisturnier. „Wir sollten dem DRK das Leben jetzt so einfach, wie möglich machen“, meint der 59-Jährige. Und auch die Stadt Halle sicherte bereits ihre Hilfe zu „Wir wollen Anfang der Woche mit Vereinen und Einwohnern vor Ort beraten, mit welchen Angeboten das DRK als Betreiber unterstützt werden kann“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand am Dienstag. „Die erste Zusammenkunft vor dem DRK-Haus am vergangenen Donnerstag gibt das Meinungsbild der Einwohner aus Nietleben tatsächlich nicht wieder. Bei der Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen in diesem Haus handelt es sich nicht um eine Gemeinschaftsunterkunft, diese ist dort auch nach wie vor nicht geplant.“

Daran, dass die Clearingstelle Anfang Mai eröffnet wird, ließ der DRK-Landesverband indes am Dienstag keine Zweifel. In einer Stellungnahme sagte Präsident Roland Halang: „Kritik und Aufregung sind bei Veränderungen stets nachvollziehbar“. Allerdings werde man sich von diffamierenden und herabwürdigenden Äußerungen nicht beeindrucken lassen. „Wir stehen einhundert Prozent hinter unserer Flüchtlingsarbeit.“ (mz)