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Ärztinnen ohne Papierkram

Von Heidi Pohle 07.06.2005, 16:19

Halle/MZ. - verbliebenen Poliklinik Sachsen-Anhalts. Sie arbeiten auf Teilzeitbasis und Hand in Hand, damit die Praxis reibungslos funktioniert. "Unsere Dreier-Praxis kommt mit wenig Raum und Personal aus, ist hoch effektiv", bringt es Josephine Reeg auf den Punkt. Das hat die Jury des Berliner Gesundheitspreises überzeugt, einen von fünf Preisen samt 4 000 Euro nach Halle zu vergeben (die MZ berichtete). Bürgermeisterin Dagmar Szabados informierte sich dieser Tage über das Hausarztpraxis-Modell.

Die Basis ihres Erfolgs sehen die Ärztinnen in der Konzeption der Poliklinik. "Da wir als Angestellte keinerlei Papierkram zu erledigen haben, können wir uns ganz den Patienten widmen", erzählt Frau Reeg. Denn gerade Gespräche, in denen es auch häufig um die Lebensumstände der Patienten geht, seien wichtig, kämen oft zu kurz. Falle eine Hausärztin aus, springe die andere ein; die Patienten haben also immer Ansprechpartner.

Diese enge Kooperation setzt Flexibilität und großes Verständnis füreinander voraus, da jede Ärztin kleinere Kinder und beruflich engagierte Männer hat. Zudem bestehen private Kontakte, was sich wieder positiv auf die Arbeit auswirkt.

Josephine Reeg, die aus Sangerhausen stammt, ist vor acht Jahren durch Zufall zur Poli Reil gekommen: "Dieser Arbeitsplatz war ein Glücksfall", sagt sie. Denn die gemeinsame Hausarztpraxis bringe nicht nur den Patienten Vorteile - was die Jury besonders würdigte -, sondern auch den Ärztinnen. "Als Angestellte habe ich 30 Tage Urlaub, und wenn ein Kind krank ist, bleibe ich zu Hause, was ich mir als Ärztin in eigener Niederlassung kaum erlauben könnte", zählt Josephine Reeg auf, die statt Kittel weiße Jeans und Sportschuhe trägt. Freilich, mit eigener Praxis würde sie mehr verdienen. "Aber allein hätte ich ein höheres Risiko zu tragen und garantiert einen Kredit abzuzahlen. Tauschen möchte ich keinesfalls", sagt sie. Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, ist ihr wichtig. In der Poliklinik findet sie dafür ideale Bedingungen.

Es sei aber nun nicht so, dass sie es sich bequem machen könnten. "Neben der Sprechstunde in der Poliklinik betreuen wir noch die Kurzzeitpflege-Station im Hause, zwei Heime der Diakonie sowie Patienten, die in der Diakonie ambulant operiert wurden. Und da am Lohnzettel immer gleich eine Kostenabrechnung aller Praxen des Hauses hänge, gebe es eine Art Wettbewerb. Sparsamkeit sei oberstes Gebot. So werden die drei Sprechstundenschwestern flexibel eingesetzt und Geräte gemeinsam genutzt.