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Arzt ohne Zulassung und Approbation Arzt ohne Zulassung und Approbation: "Er hat mir zweimal das Leben gerettet"

Von Oliver Müller-Lorey 27.09.2019, 07:56
Akten im Gericht auf dem Richtertisch
Akten im Gericht auf dem Richtertisch dpa

Halle (Saale) - Im Prozess um einen halleschen Arzt, der Leistungen zu Unrecht kassiert und außerdem praktiziert haben soll, obwohl ihm Zulassung und Approbation entzogen wurden, hat am Donnerstag die bislang wichtigste Zeugin ausgesagt: die ehemalige Arzthelferin in der Praxis am Steintor. Sie berichtete, dass der heute 49-jährige Mediziner mehr und mehr von der Führung seiner Praxis und wohl auch den privaten Verpflichtungen überfordert gewesen sei, fachlich jedoch einwandfrei gearbeitet habe.

Monatelang sei der Lohn zunächst zu spät und schließlich gar nicht mehr an sie überwiesen worden. Sie habe sich deshalb ans Arbeitsamt gewendet, das für sie eingesprungen sei. Der Arzt habe sie mit Ausreden hingehalten, so dass sie, auch um den Praxisbetrieb nicht zu gefährden, lange nicht gekündigt habe. „Er konnte recht gut reden, da bin ich geblieben“, sagte die medizinische Fachangestellte am Donnerstag. Doch ihr entging nicht, dass sich auf dem Schreibtisch ihres Ex-Chefs damals meterhoch ungeöffnete Briefe stapelten.

„Das war viel zu viel für ihn“

„Mit seiner Lebensgefährtin, sechs Kindern, einem Hof mit 50 Tieren, der großen Praxis und vier Angestellten kam er nicht klar. Das war viel zu viel für ihn“, sagte die Sprechstundenhilfe, die ein gutes und persönliches Verhältnis zu ihrem Chef gehabt habe. „Ich hatte das Gefühl, dass er sich da in irgendetwas hineinmanövriert hat, aus dem er nicht mehr herauskam.“

Irgendwann sei ihr Chef sogar in Haft gekommen. Sie habe dann Blanko-Rezepte ins Gefängnis gebracht und sie von ihm unterschreiben lassen, damit der Praxisbetrieb aufrechterhalten werden konnte. Häufige Besuche von Polizei und Ordnungsamt in der Praxis seien ebenfalls kein gutes Zeichen gewesen. Dass dem Arzt im Jahr 2013 die kassenärztliche Zulassung und zwei Jahre später sogar die Approbation entzogen wurde, habe sie aber nicht gewusst.

„Er hat mir zweimal das Leben gerettet“

So habe sie es auch für normal gehalten, dass Patienten bei betriebsärztlichen Untersuchungen bei ihr die Chipkarte einlesen lassen sollten. Das sei eine Arbeitserleichterung gewesen, weil sie dann nicht alle Daten händisch eintragen müsse. Die Staatsanwaltschaft vermutet allerdings, dass der Arzt für die betriebsärztliche Behandlung eines Patienten so doppelt kassiert haben könnte: Einmal vom Betrieb, so wie es richtig wäre, und einmal unberechtigt, von der Krankenkasse.

Patienten, die ebenfalls als Zeugen geladen waren, schilderten jedoch ein ganz anders Bild vom Angeklagten, der wegen seines Gesundheitszustandes nicht an der Verhandlung teilnimmt. „Es ist ein wunderbarer Arzt. Er hat mir zweimal das Leben gerettet“, sagte ein Mann, der stets zufrieden mit den Behandlungen gewesen sei.

Ein anderer sagte ebenfalls aus: „Ich habe mich bei ihm immer wohlgefühlt. Er hat meine Diabetes in den Griff bekommen, so dass ich nicht mehr spritzen musste.“ Dass er behandelt wurde, ohne dass der Arzt die nötige Zulassung gehabt habe, sei ihm nie aufgefallen. (mz)