Architektur Architektur: Heimat für Kunst und Wissenschaft
Halle/MZ. - Der Übergang vom Baulärm zur Musik war fließend und daher dem Anlass durchaus angemessen. Als Kultur-Staatsminister Bernd Neumann (CDU) am Montag den kleinen Hof am Rande der Franckeschen Stiftungen betrat, um mit viel Polit-Prominenz den ersten Spatenstich für das neue Domizil der Bundeskulturstiftung zu feiern, trommelte ein Percussionist zu den Klängen eines Mongolischen Langhorns auf die Baustellen-Container. Und damit beglaubigten die Bauherren ihr eigenes Profil: weniger staatstragend als weltoffen, lieber experimentell als konservativ und traditionell.
Dass sie es mit dieser Ausrichtung seit der Gründung 2002 zur größten europäischen Kulturstiftung gebracht haben, die auch im kommenden Jahr 35 Millionen Euro ausreichen kann, rechtfertigt in den Augen des Staatsministers nun auch den Neubau - zumal der Entwurf der Münchner Architekten Veronika Dannheimer und Tilman Joos selbst "Auftrag und Anspruch widerspiegeln" soll. Der Sitz in den Franckeschen Stiftungen sei "kongenial", weil diese Institution ja nicht nur museale Aufgaben wahrnehme, sondern eine aktive Rolle in der kulturellen Bildung spiele. Dass die Investition also zugleich ein Bekenntnis zum Stiftungs-Standort Halle und damit ein "sichtbares Zeichen des Föderalismus" ist, betont Neumann.
3,5 Millionen Euro bezahlt der Bund aus Mitteln des Konjunkturpakets II, die Zusage über die 300 000 Euro zur Komplementärfinanzierung des Landes brachte Kultus-Staatssekretär Valentin Gramlich (CDU) - und Stiftungsvorstand Hortensia Völckers bedankte sich für die "Welle der Unterstützung", die das Projekt in relativ kurzer Zeit vorangetrieben hat. Bereits im Winter 2011, so sagte Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD), solle das Haus mit seiner Gitterfassade und einer Nutzfläche von 950 Quadratmetern bezugsfertig sein. Dass es bei den Hallensern bereits den Spitznamen "Vogelkäfig" trägt, scheint keinem der Auftraggeber problematisch. "Öffentliche Diskussionen", meinte Jan Mücke, Staatssekretär im Bundes-Bauministerium, "gehören in Deutschland zur Baukultur."
Nur anderthalb Stunden später hatte Mücke seinen zweiten Ortstermin in Halle: Beim Startschuss für die Sanierung des zukünftigen Leopoldina-Hauptgebäudes überreichte er einen symbolischen Scheck in Höhe von 15,2 Millionen Euro an den Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Jörg Hacker. "Wir freuen uns, dass damit die Förderung endgültig gesichert ist und wir 2012 unser neues Gebäude beziehen können", sagte Hacker.
Die Leopoldina wird ihren neuen Hauptsitz im ehemaligen Logenhaus auf Halles Jägerplatz haben. Als das Gebäude noch der Universität Halle gehörte, war es als Tschernyschewski-Haus bekannt. Das denkmalgeschützte Gebäude wird aufwendig restauriert und soll künftig neben den Akademie-Büros auch große Veranstaltungsräume für wissenschaftliche Tagungen beherbergen. Die Fördermittel für die Sanierung des Gebäudes stammen ebenfalls aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung. "Es ist immerhin die größte Einzelförderung aus dem Konjunkturpaket, und ein großes Glück für Halle, dass ein solches Gebäude wieder sinnvoll genutzt werden kann", sagte Mücke. Die Förderung sorgt aber gleichzeitig für enormen Zeitdruck, weil alle Gelder bis Ende des nächsten Jahres abgerechnet sein müssen.
Die Pläne der Architekten liegen vor, in zwei bis drei Wochen beginnen die ersten Bauarbeiten - ähnlich wie am Francke-Platz, wo spätestens im September Baubeginn sein soll. "Wir sind sehr zuversichtlich, das wir das Gebäude im Zeitplan fertig stellen können", erklärt die Leopoldina-Geschäftsführerin Jutta Schnitzer-Ungefug.
Seit 2008 ist die Leopoldina die Nationale Akademie der Wissenschaften und soll Politik und Gesellschaft in wissenschaftlichen Fragen beraten. Durch die neuen Aufgaben wuchs die Akademie auf rund 40 Mitarbeiter, in den nächsten Jahren sollen es noch etwa 30 mehr werden. "Mit dem neuen Gebäude können wir unseren Anforderungen viel besser gerecht werden", sagt Hacker - und dies stärke auch den Wissenschaftsstandort Halle.