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Anna Zeitler Anna Zeitler: Woher kommt unsere Kleidung eigentlich?

Von Sandy Schulze 15.10.2016, 10:00
Anna Zeitler mit ihrer Master-Abschlusskollektion „Boomerang – Alles kommt zurück“, die  negative Auswirkungen der Massenproduktion von Textilien aufgreift: Zum Beispiel Bodenerosion (Modell links) oder einen Fabrikbrand (Modell hinten).
Anna Zeitler mit ihrer Master-Abschlusskollektion „Boomerang – Alles kommt zurück“, die  negative Auswirkungen der Massenproduktion von Textilien aufgreift: Zum Beispiel Bodenerosion (Modell links) oder einen Fabrikbrand (Modell hinten). Günter Bauer

Halle (Saale) - An Tagen, an denen sich Anna Zeitler nicht mit ihren eigenen Modekollektionen beschäftigt, kann ihr Arbeitsalltag schon mal so aussehen: Neben ihr fleißige Fließbandarbeiter, die geduldig ihre Arbeit verrichten, ein Fabrikangestellter nimmt die Zeit. Manchmal ertönt der Ruf: „Wir wollen Überstunden machen!“

Anna Zeitler gibt Workshops für Kinder ab dem Grundschulalter, um erlebbar zu machen, woher die Kleidung kommt. Im Rollenspiel als Fabrikarbeiter sehen die Kinder, wie schwierig es ist, unter Zeitdruck zu arbeiten - und wie frustrierend, Teil einer Kette zu sein, ohne erkennen zu können, welches Endprodukt entsteht.

Mode-Designerin mit Bewusstsein für Nachhaltigkeit

Die Mode-Designerin möchte schon so früh wie möglich ansetzen, um ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu stärken. „In meinen Workshops mit Schülern habe ich schon auch kleine Eltern vor mir sitzen,“ sagt die 27-Jährige. Je nach Vorbild in der Familie bringen die Kinder verschiedenes Vorwissen mit. Bei Anna Zeitler hören sie vom Baumwollanbau und der Meeresverschmutzung oder lernen, aus alten Sachen neue zu machen.

Zu sehen, woher die Kleidung kommt, ist eine abstrakte Vorstellung, wenn es fast in jeder Ecke ein T-Shirt für zwei Euro gibt. „T-Shirts kommen nicht magisch aus der Fabrik gefallen“, sagt Anna Zeitler. Deshalb versucht sie in ihren Workshops, die Aufgaben von Produzenten zu zeigen, die hinter einem Modeprodukt stehen: Ernten, Verarbeiten, Nähen oder Färben.

Modedesign-Studium in Trier

Dogmatisch sieht die gebürtige Oberpfälzerin ihre Arbeit nicht: „Wenn ich mein Budget ansehe, kann ich es mir auch nicht leisten, nur ,Bio’ zu kaufen. Und es sei utopisch zu erwarten, dass eine Jugendliche sich nur alle drei Jahre ein Oberteil kauft.“ Allerdings wolle sie Wissen vermitteln, um bewusste Entscheidungen zu ermöglichen. Für „nachhaltige Kleidung“ begann sie sich während ihres Modedesign-Studiums in Trier zu interessieren.

Nach dem Bachelor kam sie nach Halle an die „Burg“ - und baute auf ihre Vorkenntnisse auf. Für ihren Masterabschluss entwickelte sie ein 270 Seiten starkes Buch, das es etwa Erziehern, ermöglichen soll, ihrerseits solche Workshops halten. Um genügend pädagogische Kenntnisse zu bekommen, ließ sie sich zur „Teamtrainerin für die Arbeit mit Schulklassen“ qualifizieren.

Master-Abschlusskollektion

Ihre Master-Abschlusskollektion „Boomerang – Alles kommt zurück“ bleibt ebenfalls beim Thema. Darin werden auch Themen wie Bodenerosion, Monokultur oder Pestizide behandelt. Um einen Fabrikbrand darzustellen, verarbeitete Anna Zeitler ein altes Filmposter von „The Blair Witch Project“ zu einem Oberteil. Die Kollektion wurde komplett aus Altkleidern der Berliner Stadtmission gefertigt - die Stoffe dafür aufgetrennt, neu bedruckt, gefärbt und anders zusammengenäht.

„Am liebsten würde ich die Hälfte meiner Zeit Workshops halten und mich den Rest der Zeit um meine Mode kümmern“, sagt Anna Zeitler. Im Oktober ist Kollektions-Monat. Am Dienstag beginnt die Ausstellung in der Kunststiftung. Am selben Tag wird außerdem der Giebichenstein-Designpreis verliehen, für den sie in der Kategorie „Engagiertestes Anliegen“ nominiert ist. Später folgen die Designers’ Open in Leipzig und die „FairSchnitt“-Konferenz in Düsseldorf. An Spannung jedenfalls mangelt es Anna Zeitler nicht.

Weitere Informationen unter annazeitler.de