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Alteingesessenes Fachgeschäft Alteingesessenes Fachgeschäft: Bitterer Abschied nach 83 Jahren

Von Heidi Pohle 21.10.2002, 16:59

Halle/MZ. - Rolf Paris ist der Entschluss sehr schwer gefallen, das Fachgeschäft für Betten und Matrazen, Kinderwagen und Babyausstattungen aufzugeben. Sein Vater hatte es 1919 eröffnet. "Die Familie hat lange überlegt", sagte der 73-Jährige bewegt. "Aber wenn der Umsatz so weit zurückgeht, dass die Kosten nicht mehr gedeckt werden können, bleibt kein anderer Weg." Auf den Insolvenzverwalter wollte er nicht erst warten. Seine Tochter Monika Marenbach, die als Geschäftsführerin arbeitet, hätte das Geschäft in dritter Generation gern fortgeführt.

Paris begründet die Aufgabe mit der seit Jahren sinkenden Kaufkraft. Und der Trend hin zur Grünen Wiese, zu Billiganbietern und Märkten, die von der Butter bis zur Bettwäsche alles verkaufen, lasse den Fachhändlern kaum noch Luft zum Atmen.

"Doch den Rest haben uns die seit drei Jahren laufenden Bauarbeiten am Domplatz und im Bereich der Kleinen Ulrichstraße gegeben", sagte der Senior, der den Familienbetrieb zu DDR-Zeiten rein privat führte. Nach der Wende hätten sich die Geschäfte gut angelassen, dann aber sei es immer mehr bergab gegangen. Nun finde noch bis Mitte November der Räumungsverkauf statt, dann sei nach 83 Jahren endgültig Schluss. Ob Speicher und Vorderhaus verkauft oder vermietet werden, stehe noch nicht fest; den vier Mitarbeitern sei gekündigt worden.

Nach den Worten von Gero Hildebrandt vom Verband der Kaufleute in Magdeburg ist zwar noch keine Welle von Geschäftsaufgaben zu beobachten. "Aber wenn das Weihnachtsgeschäft schlecht ausfällt, sehe ich schwarz, zumal in diesem Jahr Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr zwischen drei und fünf Prozent zu verzeichnen sind." Die Leute hielten ihr Geld fest. "Wenn schon ein Traditionshaus wie Betten-Paris schließen muss, sieht man, wie kritisch die Situation im Handel ist", bewertete Monika Grebenstein von der Industrie- und Handelskammer (IHK) die Geschäftsaufgabe. Kleine Läden verzeichneten Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent. Und eine Besserung sei nicht in Sicht.