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Affäre um Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Halle Affäre um Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Halle: Manfred Küblers Kredite in Millionenhöhe

Von Gert Glowinski und Jan-Ole Prasse 19.05.2015, 19:03
Gegen Volksbank-Chef Manfred Kübler haben Mitglieder des Aufsichtsrats der Bank heftige Vorwürfe erhoben.
Gegen Volksbank-Chef Manfred Kübler haben Mitglieder des Aufsichtsrats der Bank heftige Vorwürfe erhoben. Thomas Meinicke Lizenz

Halle (Saale) - Vor dem Georg-Friedrich-Händel-Saal im Maritim Hotel in Halle haben sich zwei bullige Männer von einem Sicherheitsunternehmen aufgebaut. Sie mustern jeden Besucher aufmerksam, der auf den Raum zusteuert. Die Volksbank Halle hat zu einer außerordentlichen Vertreterversammlung eingeladen. 58 gewählte Delegierte entscheiden stellvertretend für die 25.000 Mitglieder über die Geschicke der Genossenschaftsbank. „Solche Sicherheitsvorkehrungen gab es noch nie“, sagt einer der langjährigen Vertreter.

Doch am Dienstag vergangener Woche ist bei Halles zweitgrößtem Geldinstitut eben alles anders. Es geht schließlich um einen einmaligen Vorgang in der beinahe 90-jährigen Geschichte des Geldinstituts. Fünf Aufsichtsratsmitglieder haben in einem Brief an die Delegierten schwere Vorwürfe gegen den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Manfred Kübler erhoben. Es geht um persönliche Kredite ohne ausreichende Sicherheiten und ein ihrer Meinung nach zu hohes Gehalt.

Kreditvolumen von 1.35 Millionen Euro

Nach Angaben der fünf Aufsichtsratsmitglieder soll der Vorstandsvorsitzende Manfred Kübler „über ein offenes und vollständig ungesichertes Kreditvolumen von 1,35 Millionen Euro“ verfügen. Dies gehe aus einem Bericht zum Jahresabschluss 2013 des für die Volksbank Halle zuständigen Genossenschaftsverbandes mit Sitz in Frankfurt am Main hervor, der im Mai des vergangenen Jahres dem Aufsichtsrat zugegangen sei. Laut Brief soll Kübler in den vergangenen Jahren immer wieder Kredite von der Volksbank bekommen haben, ohne jemals entsprechende Sicherheiten dafür hinterlegt zu haben. Die Sprecherin des Prüfverbandes, Kati Eggert, wollte sich zu dem Fall mit Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht nicht äußern.

Zuständig für die Kreditvergabe war der Personalausschuss des zehnköpfigen Aufsichtsrates, dem fünf Mitglieder angehören, darunter der Aufsichtsratsvorsitzende. Allerdings sitzt keines der fünf Aufsichtsratsmitglieder in diesem Gremium, die jetzt die Vorwürfe gegen Kübler erheben. Nach ihren Angaben ist der Aufsichtsrat spätestens seit dem Sommer des vergangenen Jahres beim Umgang mit den Kreditgeschäften von Manfred Kübler gespalten gewesen. Mehrfach hätten die fünf Aufsichtsratsmitglieder darauf gedrängt, dass der Vorstandsvorsitzende ausreichende Sicherheiten hinterlege. Dem sei er nie nachgekommen. „Bis heute hat Herr Kübler keine verwertbaren Sicherheiten gegenüber unserer Bank gestellt. Er missachtete die Forderungen auf Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse und auf Absicherung seiner Darlehen“, heißt es in dem Brief an die Delegierten.

Auch Küblers Gehalt wird kritisiert

Auch das Gehalt von Kübler kritisieren die fünf Aufsichtsratsmitglieder. Dies sei mehr als doppelt so hoch wie das durchschnittliche Einkommen eines Vorstandsvorsitzenden einer vergleichbaren Volksbank. Das liegt nach MZ-Informationen bei 15.000 bis 20.000 Euro monatlich. Eine genaue Angabe seitens der Bank gibt es nicht. Im Jahresabschluss 2013 wird das Jahreseinkommen der beiden Vorstände zusammen auf rund eine Million Euro beziffert. Auch die Höhe des Gehaltes von Kübler ist laut den fünf Aufsichtsratsmitgliedern in dem Bericht des Prüfverbandes kritisch festgehalten worden.

Manfred Kübler hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Auf eine 23 Fragen umfassende Anfrage der MZ zu den Kreditgeschäften - unter anderem zu den Konditionen, den Sicherheiten und zur Verwendung der Darlehen - teilte er per E-Mail mit, dass er dazu keine Stellungnahme abgeben werde. Auch in der außerordentlichen Vertreterversammlung äußerte er sich nach Angaben von Teilnehmern nicht konkret zu den Vorwürfen. Stattdessen soll er allgemein von einer Diffamierung seiner Person gesprochen haben.

Lesen sie auf der nächsten Seite Sie unter anderem, wie sich Kübler den Platz der unumstrittenen Nummer eins innerhalb der Volksbank sicherte.

Dabei sind die Verdienste des 62-jährigen Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Halle unbestritten. Seit gut 20 Jahren leitet Kübler, der Mitte der 90er Jahre von seiner Heimatstadt Schwäbisch-Hall an die Saale wechselte, die Bank. Auch seine Gegner bescheinigen ihm, dass er die Volksbank gut durch die Finanzkrise geführt habe. Von 2010 bis 2013 erhöhte sich die Bilanzsumme der Bank von 475 Millionen Euro auf 540 Millionen Euro. Auch der Wert der Kundeneinlagen stieg - von 425 Millionen Euro auf 477 Millionen Euro. Der Gewinn lag im Jahr 2013 bei rund 1,4 Millionen Euro. Das höhere Gehalt des Vorstandsvorsitzenden könnte durch diese Erfolge auch gerechtfertigt sein. Ein langjähriges Mitglied der Vertreterversammlung sagt: „Die Bank steht gut da, die Zahlen stimmen.“

Innerhalb der Volksbank ist Kübler nach 20 Jahren als Vorstandsvorsitzender die unumstrittene Nummer eins. Einhellig wird er von Kennern des Geldinstituts als die dominante Persönlichkeit beschrieben. Sein Führungsstil sei patriarchalisch bis präsidial. „Als Chef hätte ich ihn nicht haben wollen“, sagt einer der Vertreter. Deswegen vermuten manche hinter den Vorwürfen auch eine Intrige im Aufsichtsrat. Einigen sei die dominante Stellung Küblers ein Dorn im Auge. So würden die meisten Mitglieder des Aufsichtsrates seit Jahrzehnten in dem Gremium sitzen. „Und erst jetzt soll die Kreditvergabe und das Gehalt aufgefallen sein“, sagt ein Delegierter der Vertreterversammlung. Das sei für ihn nicht glaubwürdig.

Dominanz ist spürbar

Die Dominanz von Kübler ist nicht nur innerhalb der Bank, sondern auch nach Außen zu spüren. Gerade bei der Volksbank, die sich als Genossenschaftsbank durch ein ähnliches gesellschaftliches Engagement auszeichnet wie die Sparkasse. So veranstaltete das Geldinstitut mit dem Volksbankball in den vergangenen Jahren das vielleicht wichtigste gesellschaftliche Ereignis in Halle. Stargäste waren berühmte Namen wie die US-Sängerin Jennifer Rush oder Schlagerkönigin Vicky Leandros. Auch im halleschen Sport mischte die Volksbank mit - jahrelang als Hauptsponsor beim halleschen Eishockey-Club Saale Bulls mit eigener Loge. Gleiches galt für das Musikevent Händels Open in Halle. Ebenfalls mit eigener Loge. „Es ging dabei aber auch immer um die Selbstdarstellung von Kübler. Er gibt sich bei so etwas schon wie ein kleiner König“, sagt einer, der ihn von diesen Anlässen gut kennt.

Engagement in Halle und Umgebung

Auch persönlich engagiert sich Kübler in Halle und Umgebung. So forderte er seine Gäste zu seinem 60. Geburtstag im Mai 2013 auf, statt Geschenken an die Bürgerstiftung zu spenden. 12 570 Euro kamen so zusammen. Auch im Rotary-Club in Halle ist Kübler aktiv - im Amtsjahr 2013/14 sogar als Präsident.

Doch im vergangenen Jahr ging das öffentlich wahrnehmbare Engagement deutlich zurück. Just in dem Moment, als die Vorwürfe gegen Kübler im Aufsichtsrat erstmals zur Sprache kamen. Bei den Saale Bulls stieg das Geldinstitut als Hauptsponsor aus. Der Volksbankball fiel aus. Auch für dieses Jahr ist bisher keiner geplant. „Es ist tatsächlich ruhiger um die Volksbank in der Außenwirkung geworden“, sagt ein Delegierter.

Streit spitzt sich weiter zu

Wann sich dieser Zustand ändern wird, ist vollkommen unklar. Denn der Streit zwischen Kübler samt der einen Hälfte des Aufsichtsrates und den anderen fünf Mitgliedern spitzt sich weiter zu. Auf der außerordentlichen Vertreterversammlung am vergangenen Dienstag beschlossen die Delegierter nach einer gut dreistündigen Diskussion, dass das Gremium zum 22. Juni dieses Jahres neu besetzt werden soll. Keines der bisherigen zehn Mitglieder soll dabei erneut für den Aufsichtsrat kandidieren. „Wir waren der Meinung, dass die Handlungsfähigkeit der Bank ansonsten gefährdet ist“, sagte einer der Vertreter. Der neue Aufsichtsrat müsse die Vorwürfe gegen Kübler klären.

Dabei wird das Gremium in jedem Fall noch eine zweite Meinung zur Hand haben. Denn aufgrund des Ergebnisses des internen Berichtes des Prüfverbandes der Volksbank hat sich auch die Bankenaufsicht Bafin eingeschaltet. Sie will nach MZ-Informationen in Kürze eine eigene Stellungnahme vorlegen. (mz)