Ab 2020 Brötchen nur mit Bon? Ab 2020 Brötchen nur mit Bon?: Nicht nur Bäcker kritisieren "absurde" Gesetzesänderung

Halle (Saale) - Ein Einkauf beim Bäcker ist unkompliziert: Geld auf den Tisch, Brötchen in die Tasche, fertig. Das wird sich im kommenden Jahr vermutlich ändern: Dann ist für Bäcker, aber auch Eisverkäufer und Imbissbudenbetreiber bei jedem Verkauf die Herausgabe eines Kassenbons Pflicht - ob der Kunde das möchte oder nicht.
Damit will das Bundesfinanzministerium mehr Transparenz in das Bargeschäft bringen und Steuerbetrug verhindern. Sachsen-Anhalts Bäcker kritisieren diese Gesetzesänderung jedoch bereits scharf. „Mehr als 90 Prozent der Kunden brauchen den Papierschnipsel gar nicht“, sagte Landesinnungsmeister Manfred Stelmecke der MZ. Dafür entstünden Müll und höhere Kosten.
Auch bundesweit ist die Empörung groß. „Wir reden über Umweltschutz und diskutieren über die Reduktion von Coffee-to-go-Bechern, schaffen dann aber Müllberge aus beschichtetem Papier. Das ist nicht zeitgemäß“, sagte Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. Laut Verband müssen in den 46.000 Verkaufsstellen in Deutschland dann mehr als fünf Milliarden Bons pro Jahr gedruckt werden. Deren Länge entspreche dem 25-fachen Erdumfang.
Bonpflicht: Umrüstung der Geräte bereitet Ladenbesitzern Sorgen
Die Händler müssen ihre Kassen bis Herbst 2020 zusätzlich umrüsten oder sich neue Geräte anschaffen. Damit soll verhindert werden, dass elektronisch aufgezeichnete Umsätze später manipuliert werden können. Wer dem nicht nachkommt, muss mit hohen Geldstrafen rechnen. Die technische Umstellung sei eine noch größere Belastung als die Ausgabe der Kassenbons, sagte Landesinnungsmeister Stelmecke.
Gerade bei älteren Geräten lohne die Umrüstung nicht mehr. Häufig müssten Ladenbesitzer die bis zu 5.000 Euro teuren Geräte daher neu anschaffen. Dabei seien Kassen, die den neuen Bestimmungen gerecht werden, noch gar nicht im Handel. „Alle Kosten bleiben an den Bäckern hängen“, klagte Stelmecke. Die Bäcker fordern daher eine Befreiung von der Bonpflicht.
Das lehnt das Bundesfinanzministerium bisher ab. Höhere Kosten allein seien keine ausreichende Begründung für eine Ausnahmeregelung, teilte das Ministerium auf MZ-Anfrage mit. Die Bäcker müssten ihre Sorgen zunächst mit Zahlen belegen. Das Ministerium verwies auf die Möglichkeit, eine Quittung auf digitalem und damit umweltfreundlichem Weg auszugeben.
IHK hält digitalen Bon für nicht praktikabel
Die Industrie und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) hält das nicht für realistisch. Solange es nicht möglich sei, überall elektronisch - etwa per Smartphone - zu bezahlen, sei auch der digitale Bon nicht praktikabel, sagte IHK-Referent Daniel Loeschke. Anstatt Handwerker und Händler noch stärker zu belasten, sollten die Finanzbehörden gewissenhafter prüfen. „Es gibt wenige schwarze Schafe, bei denen wurde in der Vergangenheit zu wenig geguckt“, kritisierte Loeschke. „Stattdessen werden jetzt alle Einzelhändler kriminalisiert.“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland warnt zudem vor einer gefährlichen Chemikalie, die schon heute im Papier vieler Quittungen enthalten ist. Diese kann über die Haut aufgenommen werden und Krebs oder Allergien auslösen. „Dass jetzt mehr giftige Bons gedruckt werden, ist Unsinn“, sagte ein Sprecher.
Das scheint aber kaum abwendbar. Bäcker und Einzelhändler müssen sich daher auf die Neuregelung einstellen. „Ich werde mir im Dezember einen Vorrat an Bonrollen anlegen“, sagte Innungsmeister Stelmecke. „Sonst geht mir im Januar schon das Papier für die Bons aus.“ (mz)