40-Jährige in Halle-Neustadt getötet 40-Jährige in Halle-Neustadt getötet: Der mutmaßliche Täter wartete auf die Polizei

Halle (Saale) - Achmed Ferchows Arbeitstag beginnt noch immer hinter einem Tisch. Doch es ist nicht mehr sein Schreibtisch, an den sich der Inhaber des Reisebüros an der Eselsmühle morgens als erstes setzt. Seitdem eine seiner Angestellten vor anderthalb Wochen in seinem Geschäft erstochen wurde, trägt Ferchow morgens einen quadratischen Klapptisch vor die Ladentüre, breitet eine schwarze Decke darauf aus und rückt das Foto von Svitlana L. darauf gerade.
Am Abend räumt er den Tisch und die Sachen, die Trauernde darauf abgestellt haben, wieder ins Geschäft. „Ich mache das so lange, wie noch neue Blumen kommen“, sagt Ferchow. „Und im Moment bringen die Leute täglich Blumen.“
Frau in Halle-Neustadt erstochen: Tatverdächtiger wartete auf die Polizei
Der Schock über die Tat vom 28. Dezember sitzt in Neustadt noch immer tief. Vor allem, nachdem immer neue Details ans Licht kommen. Wie Staatsanwalt Klaus Wiechmann gegenüber TV Halle sagte, habe der mutmaßliche Täter - der Ex-Partner der Toten - nach der Attacke das Reisebüro verlassen und es abgeschlossen.
Nach MZ-Informationen soll er auch die Gardinen zugezogen haben. „Er hat sich aber nicht weit entfernt, ist wieder zum Tatort zurückgekommen und hat dort auf die Polizei gewartet“, sagte Wiechmann gegenüber der MZ.
Frau in Halle-Neustadt erstochen: Tatvorwurf lautet nicht mehr auf Mord
Warum der 49-jährige arbeitslose Bauarbeiter, der die Tat inzwischen gestanden hat und in Haft sitzt, den Tatort verließ und abschloss, ist noch immer unklar. Dennoch lautet der Tatvorwurf nicht mehr Mord, sondern Totschlag. „Der Grund ist, dass keine Mordmerkmale vorliegen“, sagte Wiechmann. Mordmerkmale sind etwa Habgier, Mordlust oder Heimtücke.
Für Achmed Ferchow ist die Entscheidung, nicht mehr von Mord auszugehen, nicht verständlich. Schließlich habe der Täter sogar im Laden auf sein Opfer gewartet, habe ihm ein Bekannter berichtet. Der habe sich kurz vor der Messerattacke einen Katalog im Reisebüro geholt und den Täter dabei im Aufenthaltsraum sitzen sehen. Kurz danach war Svitlana L. tot.
Frau in Halle-Neustadt erstochen: „Es ist eine Tat, die man nicht verstehen kann.“
„Es ist eine Tat, die man nicht verstehen kann“, sagt Ferchow. 16 Jahre lang habe seine Mitarbeiterin, die aus der Ukraine stammt, bei ihm gearbeitet, ja im Geschäft sogar ihre Ausbildung absolviert. „Sie war eine sehr freundliche, intelligente und beliebte Frau. Zwei Studienabschlüsse, die sie in der Ukraine gemacht hatte, wurden in Deutschland nicht anerkannt. Doch sie hatte den Mut, noch einmal neu zu starten.“
L. habe ihren Beruf geliebt, sei dafür viel gereist. Dass sie neben Deutsch und Englisch auch noch Ukrainisch und Russisch gesprochen habe, sei ihr im Job sehr zugutegekommen.
Frau in Halle-Neustadt erstochen: Spendenbox für verwaiste Kinder aufgestellt
Ein Schild über dem Trauer-Tisch klärt all jene auf, die von der Tat bislang nichts mitbekommen haben. „Wir trauern um Svitlana L., unsere langjährige Mitarbeiterin. Sie hinterlässt zwei Kinder“, steht darauf. Mit denen, 15 und 19 Jahre alt, steht Ferchow in Kontakt. „Sie haben sehr darunter zu leiden“, sagt er. Da sie ja nun Waisen seien, sagt Ferchow, habe er eine Spendenbox in seinem Geschäft aufgestellt. Für Spender, die dort nicht hinkommen, habe er seit Montag ein Konto freigeschaltet, auf dem Geld für die Kinder gesammelt werde.
››Das Spendenkonto bei der Saalesparkasse hat folgende IBAN: DE 0780 0537 6219 0157 8700 (mz)
