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25 Jahre Arbeitsgericht Halle 25 Jahre Arbeitsgericht Halle: Die Crew der ersten Stunde

Von Silvia Zöller 20.09.2016, 08:30
Anders als in den anderen Sälen des Justizzentrums verhandelt das Arbeitsgericht Halle und ihre Direktorin Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp auf roten Sesseln - und vor Kunstwerken.
Anders als in den anderen Sälen des Justizzentrums verhandelt das Arbeitsgericht Halle und ihre Direktorin Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp auf roten Sesseln - und vor Kunstwerken. Holger John

Halle (Saale) - Sie war 31 Jahre jung, gerade mal vier Jahre Richterin, als sie aus Hannover nach Halle kam. Ihre Aufgabe: Zusammen mit zwei Kollegen eine Arbeitsgerichtsbarkeit in der Saalestadt aufbauen. Doch Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp musste dafür erst mal eine ungewöhnliche Hürde nehmen: Die Volkskammer der DDR ermächtigte die Niedersächsin zur Rechtsprechung. Denn es war noch vor der Wende, am 1. September 1990, als die Juristin ihre Arbeit in Halle aufnahm. „Wenig später hatten diejenigen, die diese Ermächtigung gegeben hatten, nichts mehr zu sagen“, erinnert sie sich.

Als sich am 1. September 1991 das Arbeitsgericht Halle als selbstständiges Gericht gründete, wurde Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp dessen Direktorin, was sie auch heute noch, nach 25 Jahren, ist. Am 20. September wird das Jubiläum des Arbeitsgerichts mit einer Podiumsdiskussion gefeiert.

Schwerpunkt Arbeitsrecht

Wechseln, etwas anderes machen? Das kam der 56-Jährigen nie in den Sinn: „Mein Schwerpunkt war immer das Arbeitsrecht, weil es ein ungemein spannendes Gebiet ist.“ Nicht nur, weil man dafür als Jurist auch auf den Gebieten der Betriebspraxis oder im Handelsrecht bewandert sein muss. Auch, weil hier aktuelle Themen wie Mobbing oder Glaubensfragen behandelt werden.

Spannend, das waren auch die ersten Jahre an der neuen Gerichtsbarkeit. Denn was zuvor an den Kammern im Kreisgericht verhandelt wurde, hatte nun nach der Wende andere Regeln. Allen voran: Schöffen waren jetzt notwendig. „Und das war sehr schwierig, ehrenamtliche Richter zu finden“, sagt Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp. Und so konnten zunächst nur sogenannte Güteverhandlungen geführt werden, für die keine Schöffen zu Rate gezogen werden. Prozesse vor den Kammern waren erst ab Frühjahr 1992 möglich - als die Schöffen ernannt waren.

Justizzentrum in der Thüringer Straße

Abenteuerlich war auch, wo die ersten Verhandlungen stattfanden: In zehn Wohnungen in der Neustädter Adolf-Menzel-Straße, die für die Verhandlungen des früheren Kreisgerichts bereits umgebaut waren. „Mit einem Durchbruch wurden so das Wohn- und Schlafzimmer zu einem großen Verhandlungssaal“, beschreibt die Richterin die kuriose Situation. Doch das Provisorium wurde nur ein halbes Jahr genutzt; dann folgte der Umzug in das - niemals als solches genutzte - Neustädter Rathaus, wo das Arbeitsgericht bis 1999 untergebracht war. Seitdem verhandeln die Richter im Justizzentrum in der Thüringer Straße.

Geändert hat sich seit den Anfangsjahren vieles, doch eins nicht: Die Leitung des Hauses durch Bettina Bartels-Meyer-Bockenkamp. Doch die 56-Jährige ist nicht die Einzige der ersten Stunde: „Alle Richter und Mitarbeiter waren von Anfang an dabei“, sagt sie. Denn freiwerdende Stellen wurden in den Folgejahren nicht mehr besetzt. Das sieht man im Justizministerium anders: „In den letzten Jahren gab es zwei Neueinstellungen von Richtern“, so Ministeriumssprecher Detlef Thiel.

Wende in der Justiz

Es sei jedoch ein generelles Problem, dass nach der Wende in der Justiz massiv eingestellt wurde und nun ein entsprechender Altersschnitt zu verzeichnen sei. Allerdings: „Ab 2024 bis 2030 gehen - bis auf einen - alle Richter des Arbeitsgerichts Halle in den Ruhestand.“ Es sei genug Zeit, sich darauf einzustellen und sich auf diese Situation vorzubereiten, so Thiel.

Waren in den 90er Jahren Klagen gegen Kündigungen im Zusammenhang mit Abwicklungen von Firmen das Hauptanliegen, so geht es in den jährlich rund 3.000 erledigten Fällen heute daneben auch um Streitigkeiten zwischen Betriebsräten und Unternehmen, Klagen wegen ausbleibenden Lohnzahlungen oder um die Auslegung einzelner Passagen in Arbeitsverträgen. Was damals wie heute jedoch gilt: „Die Bearbeitungsfrist ist unter einem Jahr“, so die Gerichtsdirektorin. Und das, obwohl nur noch acht Richter am Arbeitsgericht Recht sprechen - und eine Kammer nicht besetzt ist. (mz)