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185 Jahre Trothe Optik 185 Jahre Trothe Optik: Auf den Durchblick kommt es an

Von Martina Springer 03.09.2002, 18:58

Halle/MZ. - Er sorgt für den richtigen Durchblick, hat ein Auge für das Wesentliche und trägt Unvorhergesehenes mit Fassung: Dietrich Kloevekorn-Norgall, Augenoptikermeister und Inhaber von Trothe-Optik. Die Firma, die heute Geschäfte in der Großen Steinstraße 10 und dem Steinweg 27 betreibt, gehört zu den traditionsreichsten Unternehmen der Stadt - und zu den ältesten: Am 14. Juni 1817 hatte Wilhelm Trothe, in den Franckeschen Stiftungen zum Mechanikus und Optikus ausgebildet, im "Hallischen Patriotischen Wochenblatt" die Eröffnung einer "optischen Anstalt" bekannt gegeben.

Dass sich Trothe-Optik seit 185 Jahren behaupten konnte, hat nach Auffassung des heutigen Inhabers mehrere Gründe. Dazu zähle zum Beispiel die Lust der jeweiligen Besitzer, das Unternehmen nicht nur zu führen, sondern auch voran zu bringen. Dazu zähle auch, dass es stets Visionen in der Firma und Visionäre an ihrer Spitze gab. Innovationen der Augenoptik seien zu nennen, denen immer gebührende Aufmerksamkeit geschenkt worden sei. Und Mitarbeiter, die nicht nur ihren Job taten, sondern oft über Jahrzehnte dem Unternehmen eng verbunden waren.

Nachdem der Betrieb drei Generationen lang von Mitgliedern der Familie Trothe geführt wurde und anschließend, wie Kloevekorn-Norgall heute sagt, "zwei unterschiedliche Fremdbesitzer" gehabt hatte, trat 1905 Erich Norgall, der Großvater des jetzigen Inhabers, in die

Firma als Teilhaber ein. Er übernahm sie zehn Jahre später als alleiniger Chef. Bereits 1912 hatte sich das Augenoptik-Unternehmen entschlossen, neuartige Zeiss-Punktalgläser zu testen, anzupassen und erstmalig in die Brillen der Kunden zu verarbeiten.

Zahlen und Fakten wie diese finden sich zuhauf in einem Material, dass Kloevekorn-Norgalls älteste Tochter Ulrike, Diplomingenieur für Augenoptik und Optometrie, zusammengestellt hat. Wie es überhaupt die gesamte Familie - salopp gesagt - mit den Augen hat. Ehefrau Ursula praktiziert als Augenärztin, die zweite Tochter Claudia macht gerade die Facharztausbildung in dieser Richtung. Sohn Kristian absolviert ein Augenoptik-Studium. Dadurch sei, sagt der 1944 geborene Dietrich Kloevekorn-Norgall, auch das künftige Bestehen des Unternehmens gesichert. Mit einem Lächeln fügt er hinzu: "Es wäre auch schön, wenn eines der Kinder Jura studiert hätte. Ja, das wäre heute wirklich hilfreich. . ."

Trotz manch bürokratischer Hürden und der Unwägbarkeiten des Marktes sei Trothe-Optik seit 1990 in einem Maße vorangekommen wie kaum jemals zuvor. "Was ich in den zurückliegenden zwölf Jahren bewegt habe, habe ich in zwei Jahrzehnten vorher nicht bewegt. Nicht bewegen können." 1969 hatte Kloevekorn-Norgall die Firma vom Großvater übernommen und brauchte dann all seine Kraft und viel Geschick, sie über die Zeiten sozialistischer Planwirtschaft zu bringen - und zu behalten. In den 20 Jahren DDR habe er nur Vorhandenes erhalten können.

Jetzt seien die Herausforderungen andere. "Man hat alle Möglichkeiten, aber man muss auch verstehen, sie zu nutzen", sagt er. Was andere als die Suche nach der viel zitierten Nische bezeichnen, drückt er so aus. "Ich muss wissen, wo ich mich positioniere." Konkret heißt das unter anderem: In der Großen Steinstraße entstand ein Anpass-Institut für vergrößernde Sehhilfen. Auch stark sehbehinderten Menschen kann so geholfen werden. Zudem werden Mediziner und Techniker, die feinste Details exakt erkennen müssen, mit Vergrößerungssystemen versorgt.

So wie er müsse in der heutigen Zeit jeder "sein Ding machen und sich durchsetzen", sagt Kloevekorn-Norgall. Insofern halte er es für ungewöhnlich ("aber sehr schön"), dass die alteingesessenen Augenoptiker in Halle sich regelmäßig einmal im Monat treffen und - bei aller Konkurrenz - ein kollegiales Verhältnis miteinander pflegen. Der Trothe-Optik-Chef ist darüber hinaus für die Weiterbildung der Augenoptiker in Sachsen-Anhalt-Süd verantwortlich und war bis vor fünf Jahren stellvertretender Obermeister der Innung.