1. Mai ohne Demo 1. Mai ohne Demo: Was die mitgliederstarke IG Metall zum Tag der Arbeit fordert

Halle (Saale) - Zum ersten Mal seit 130 Jahren wird es zum Tag der Arbeit keine Demonstrationen geben. Mit einem bundesweiten Livestream werden die Gewerkschaften dennoch digital auf sich aufmerksam machen. Mit dabei sind neben Stars wie Heinz Rudolf Kunze oder Jocelyn B. Smith auch Betriebsräte und Gewerkschafter aus der Region mit Botschaften - so auch Almut Kapper-Leibe, Geschäftsführerin der IG Metall Halle-Dessau.
Mit rund 13.300 Mitgliedern ist die Gewerkschaft neben Verdi in der Region die mitgliederstärkste. Doch in Sachen Solidarität, dem Motto des diesjährigen 1. Mai, gebe es noch einiges zuzusetzen: „Solidarität bedeutet für mich, gemeinsam für gute Tarifabschlüsse einzutreten“, sagt sie. Das ist auch Inhalt ihres Statements, das im Livestream ausgestrahlt wird. Solidarität, so Almut Kapper-Leibe, bedeute auch, dass sich Arbeitnehmer aus höheren Lohngruppen für Arbeitnehmer aus unteren Lohngruppen einsetzen. „Das ist gelebte Solidarität.“
„Schon damals gab es das Gefühl einer Erosion des Miteinanders“
Dass gerade dieses Thema zentrale Botschaft des 1. Mai geworden ist, sei bereits Ende 2019 festgelegt worden - als Corona noch keine Rolle spielte. „Aber schon damals gab es das Gefühl einer Erosion des Miteinanders“, sagt sie. Daher sei es nun um so wichtiger, Solidarität und Verständnis statt Neid zu zeigen.
Zum 1. Mai will die IG Metall aber auch darauf aufmerksam machen, dass Arbeitnehmerrechte wichtig und aufgrund der Corona-Auflagen derzeit beschränkt sind: vor allem das Recht der Gewerkschaften, Mitgliederversammlungen durchzuführen und auch das Recht der Betriebsräte, Mitarbeiter auf Betriebsversammlungen zu informieren. „Videokonferenzen sind nicht möglich, wenn Arbeitnehmer im Schichtsystem arbeiten und am Band stehen“, erklärt Almut Kapper-Leibe.
„Wir haben auch schon über Versammlungen unter freiem Himmel nachgedacht“
Zwar werde derzeit viel darüber nachgedacht, wie solche Versammlungen wieder möglich werden mit Abstandsgebot, Mundschutz und zeitlich begrenzt. Doch was fehlt, seien in den Betrieben oft die Räumlichkeiten in der entsprechenden Größe. „Wir haben auch schon über Versammlungen unter freiem Himmel nachgedacht“, sagt sie. Was den Metallern zum Tag der Arbeit aber ebenso wichtig ist, ist das Kurzarbeitergeld.
„Rund ein Drittel der Betriebe der Branche sind von Kurzarbeit betroffen“, sagt die Gewerkschafterin. Die Zahlen seien jedoch sehr schwankend, da Handwerker, die Textilbranche, Anlagenbauer oder Zulieferer häufig sehr unterschiedlich durch die Krise kommen. Einige Betriebe hätten weiterarbeiten können, weil ihre Lager mit Material gefüllt waren.
„Wir hätten uns eine Erhöhung ab dem ersten Monat gewünscht, weil dies Sicherheit gibt“
Der von der Koalition vorgelegte Kompromiss zum Kurzarbeitergeld stößt bei der IG Metall nicht auf Zustimmung: Die Sätze sind für kinderlose Beschäftigte von 60 Prozent, bei Eltern von 67 Prozent des Nettoeinkommens gestaffelt angehoben worden. Ab dem vierten Monat soll es 70, für Eltern 77 Prozent geben, ab dem siebten Monat 80 beziehungsweise 87 Prozent.
„Wir hätten uns eine Erhöhung ab dem ersten Monat gewünscht, weil dies Sicherheit gibt“, betont Almut Kapper-Leibe. Vor allem Familien, in denen beide Eltern in Kurzarbeit sind, seien von den Einkommensverlusten schwer beeinträchtigt.
„Zurzeit gibt es für sie sechs Wochen lang Fortzahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz“
Mit Blick auf das noch lange nicht absehbare Ende der Corona-Krise pocht die IG Metall auch auf eine Lösung für die Eltern, die ihr Kind wegen geschlossener Kitas und ausgefallenen Schulunterrichts noch länger zu Hause betreuen müssen. „Zurzeit gibt es für sie sechs Wochen lang Fortzahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz“, so die Gewerkschafterin. Man müsse schauen, wie man diesen Familien weiter helfen kann. Home Office sei nicht überall machbar.
››Der Livestream zum 1. Mai ist im Internet ab 11 Uhr abrufbar unter www.dgb.de/erstermai (mz)