Trotz Corona-Pandemie Trotz Corona-Pandemie: Illegales Treffen im Wald bei Schköna?

Gräfenhainichen - Der Mann ist verdutzt - und besorgt. Es gilt der sogenannte kleine Lockdown, Restaurants, viele Dienstleister sind geschlossen. Treffen mit mehreren Haushalten sind eingeschränkt. Und trotzdem sieht er bei der Fahrt zwischen Schköna und Eisenhammer auf einer Wiese am Donnerstag mehrere Fahrzeuge mit Kennzeichen aus verschiedenen Landkreisen, darunter wohl auch solche, die als Risikogebiet gelten.
Da könne es wohl nicht mit rechten Dingen zugehen, schreibt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, an die Redaktion. Also ruft er bei der Polizei an - die sich aber nicht für zuständig erklärt.
Jäger dürfen das
MZ-Recherchen zeigen, dass es sich bei der Versammlung, die der Autofahrer dort bemerkt hatte, wahrscheinlich um eine Jagdgesellschaft handelt. Und die sind laut einem Erlass, den das Umweltministerium Sachsen-Anhalt in dieser Woche herausgegeben hat, weiterhin gestattet.
Der Landkreis weiß auch von einer entsprechenden Gesellschaftsjagd im beschriebenen Gebiet. Diese stelle keinen Rechtsverstoß dar. „Der Veranstalter hat für die Maßnahme ein Hygienekonzept erstellt. Die Durchführung von sogenannten Gesellschaftsjagden wird auch unter den derzeitigen Bedingungen der Pandemie als zwingend erforderlich angesehen, um Schwarzwildbestände einzudämmen“, so Kreissprecher Ronald Gauert.
Das gelte insbesondere, da die Afrikanische Schweinepest auf dem Vormarsch sei und etwa in Brandenburg und Sachsen bereits nachgewiesen wurde. Die Erkrankung ist für den Menschen ungefährlich, bedroht aber insbesondere Bestände von Hausschweinen.
Polizeisprecherin Cornelia Dieke verteidigt die Reaktion des Wittenberger Reviers gegenüber dem aufgebrachten Anrufer: Es sei Sache des Landkreises, mögliche Verstöße gegen die Eindämmungsverordnung zu prüfen. Die Polizei würde lediglich im Rahmen der Amtshilfe zu solchen Einsätzen hinzugezogen.
In dem vom Ministerium am Donnerstag veröffentlichten Erlass heißt es, dass Gesellschaftsjagden „notwendig und unaufschiebbar“ seien - auch zu Pandemie-Zeiten. Allerdings gelten auch hier Einschränkungen: „Der Veranstalter von Gesellschaftsjagden ist zur Erstellung und Umsetzung eines Hygienekonzeptes verpflichtet“, so das Umweltministerium.
Das betrifft solche Jagdgruppen, die größer als zehn Personen sind. Es gilt das Übliche: Abstand, Teilnehmerlisten und teils auch Maskenpflicht im Freien. Letztere entfällt, wenn Jäger alleine auf einem Hochsitz sitzen oder für Treiber.
„Auch das Streckelegen fällt derzeit aus“, sagt Matthias Milewski, Vorsitzender der Wittenberger Kreisjägerschaft. „Versammlungen sind auch bei der Jagd nicht gestattet. Aber wir dürfen weiter jagen. Das Ministerium hat dies erlaubt, weil die Jagd systemrelevant ist.“
Tradition hat Pause
Geltende Einschränkungen betreffen nahezu alle waidmännischen Traditionen, bei denen die Teilnehmer dicht beieinander sind. So auch die Jägertraditionen „Verblasen“ und „Bruchübergabe“, bei denen die Teilnehmer Aufstellung nehmen und das Ergebnis der Jagd verkünden.
Den Mindestabstand dürfen die Jäger laut Ministerium nur dann unterschreiten, wenn es sich um namentlich dokumentierte Gruppen von höchstens fünf Personen handelt, die eine jagdlich notwendige Tätigkeit ausführen - zum Beispiel geschossenes Wild aus dem Unterholz bergen. Die Jäger sollen sich also tunlichst auf das Wesentliche konzentrieren - die Tradition hat wegen Corona Pause. (mz)