SEK-Einsatz wegen Schüssen SEK-Einsatz wegen Schüssen: Warum hat 28-Jähriger auf Auto geschossen?
Jüdenberg - Liegt der Wilde Westen in Jüdenberg? Oder ist alles nur ein Unfall gewesen? Fakt ist: Gegen halb sechs knallt es am Montagnachmittag in dem kleinen Dorf zwischen Gräfenhainichen und Oranienbaum.
Es ist mindestens ein Schuss, der ein Auto am Friedensplatz beschädigt. Eventuell auch zwei. Neun Minuten vor dem malerischen Sonnenuntergang ruft eine 34-jährige Frau die Polizei. Auf der Höhe der Bushaltestelle hatte sie den Knall gehört. Auch eine 66-jährige Frau wird Ohrenzeugin.
Zuhause angekommen stellt die 34-jährige Frau fest, dass in einem anderen Auto der Familie, dass auf ihrem Grundstück steht, mehr Löcher sind, als vom Hersteller vorgesehen. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft sprechen von Schäden an der Heckscheibe. Verletzt ist zum Glück niemand.
„Nach ersten Erkenntnissen bestand wohl auch zu keiner Zeit die Gefahr, dass jemand verletzt wird - sonst müsste ja auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung ermittelt werden“, erklärt Staatsanwalt Frank Pieper am Dienstagnachmittag gegenüber der MZ.
Bei der Polizei schrillen alle Alarmglocken: Schusswaffengebrauch, noch dazu mitten im Ort, am helllichten Tag. Die Maschinerie setzt sich in Bewegung: Schutzpolizei macht sich auf den Weg, dazu die Spurensicherung der Kriminalisten und nicht zuletzt ein Spezialeinsatzkommando (SEK). Die Ermittler haben sich schnell ein Bild über die Lage gemacht, der Tatverdacht fällt auf einen jungen Mann in der Nachbarschaft.
Noch während die ersten Ermittlungen am Tatort laufen, erscheint der mutmaßliche Schütze auf der Polizeidienststelle in Gräfenhainichen. Der 28-jährige gesteht, geschossen zu haben. Das SEK stürmt die Wohnung des Jüdenbergers. Nach der intensiven Durchsuchung steht am Ende die Bilanz fest: sieben „Kurzwaffen“, also Pistolen - dazu zehn Gewehre.
Außerdem diverse Munition. Ein kleines Waffenlager eben. Auf dem Papier geht alles mit rechten Dingen zu, der Mann ist im Besitz eines Waffenscheines und darf das Arsenal im Hause lagern.
Ob die Schüsse auf das Auto von einer seiner Waffen stammen, ob er selbst der Schütze war, wird derzeit von der Polizei untersucht. Ob es im Vorfeld Streit zwischen ihm und der 34-Jährigen Frau gab? Die Polizei schweigt dazu. Auch bei der Staatsanwaltschaft gibt es dazu keine Erkenntnisse. Ein Tatvorsatz - und damit kein Unfall - sei aber wahrscheinlich, erfährt man aus Ermittlerkreisen.
„Eine geladene Waffe sollte man nicht zu Hause haben, und auch beim Waffenreinigen ist eine Waffe nicht geladen“, resümiert Staatsanwalt Frank Pieper. Ob der Mann schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei? Da bleibt der Staatsanwalt vage: „Es gab Verfahren im Jugendalter“, erzählt der Jurist.
Das Fahrzeug wird beschädigt, die Spurensicherung vor Ort findet ein Projektil, das zum Bild der Zerstörung passt. Neben dem Verdacht der Sachbeschädigung werden auch Verstöße gegen das Waffengesetz geprüft. Der 28-Jährige ist wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Vor anderthalb Jahren waren zwei Menschen verletzt worden, als bei einer Erntejagd bei Seegrehna ein Schuss fehlging. Die beiden Traktoristen - damals 22 und 63 Jahre alt, standen abseits des Feldes. Der ältere der beiden wurde so schwer verletzt, dass er mit dem Hubschrauber in eine Klinik gebracht werden musste. Angeklagt wurde seinerzeit eine fahrlässige Körperverletzung. Als Tatverdächtiger galt ein 29-jähriger Polizist.
Das Verfahren gegen ihn wurde im August 2016 gegen eine Zahlung von 2.000 Euro eingestellt. Erst im Oktober vorigen Jahres hatte ein Spezialeinsatzkommando in Wittenberg einen mutmaßlichen Räuber in seiner Wohnung am Kirchplatz verhaftet.
Dem Mann wird vorgeworfen, mit einem Kumpan die Tankstelle in Zahna überfallen zu haben. Dabei soll auch eine abgesägte Schrotflinte zum Einsatz gekommen sein.(mz)