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Wirtschaftsfaktor Knast Wirtschaftsfaktor Knast: Gefängnis in Volkstedt ist für Region ökonomisch bedeutsam

Von Fabian Wagener 05.02.2019, 10:53
Das Gefängnis in Volkstedt ist für die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Das Gefängnis in Volkstedt ist für die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Lukaschek

Volkstedt - Nadine Sternik steht unweit der Kasse im Friz-Markt in Volkstedt. Die Mitarbeiterin zeigt eine Liste, darauf sind zahlreiche Lebensmittel verzeichnet, Obst, Gemüse, Wurst und Käse. Auch Dinge wie Blöcke und Briefmarken sind aufgeführt, dazu die Preise. Die Liste, erläutert Sternik, bekommen die Insassen der nahe gelegenen Justizvollzugsanstalt (JVA). Das, was da drauf steht, können sie bestellen. „Ich liefere das dann“, sagt sie.

Für den Markt in Volkstedt ist das Geschäft mit der JVA „existenziell wichtig“, wie Inhaber Axel Mattstedt sagt. Allein im Jahr 2018 betrug der Umsatz rund 130.000 Euro. 2017 waren es etwa 95.000 Euro. Stattliche Zahlen für einen Markt in einem 900-Seelen-Ort wie Volkstedt. Kein Wunder also, dass die Pläne, die JVA zu schließen, sobald in Halle ein neues Gefängnis steht, hier auf Ablehnung stoßen. Zu bedeutsam erscheint die Einrichtung aus wirtschaftlicher Perspektive, als Kunde für Dienstleistungen, als Arbeitgeber. Derzeit arbeiten in der JVA etwa 110 Bedienstete, erläutert Anstaltsleiter Udo Winterberg, die meisten stammten aus der Region.

Zulieferer profitieren vom Knast

Wie wichtig das Gefängnis als Wirtschaftsfaktor ist, zeigen auch Daten, die die Landesregierung nach einer Kleinen Anfrage der AfD zusammengetragen hat. Feinsäuberlich sind dort die Unternehmen aufgeführt, die Beziehungen mit der JVA unterhielten beziehungsweise unterhalten, etwa im Bereich der Instandsetzung von Fahrzeugen oder der medizinischen Versorgung. Die Mehrzahl kommt aus dem Mansfelder Land, aus Eisleben, Helbra, Gerbstedt, Hettstedt. Die „Behörden des Justizvollzuges am Standort Volkstedt“ verausgabten pro Jahr rund zwei Millionen Euro für Lieferungen und Dienstleistungen „zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes“, heißt es in der Antwort der Regierung. Bei Ausschreibungen setzten sich regelmäßig Firmen durch, „die sich in unmittelbarer Nähe zum Standort Volkstedt befinden“. Auch der Abwasserzweckverband Eisleben-Süßer See macht Umsatz mit der JVA, laut Landesregierung 2018 über 100.000 Euro. Eine Schließung der JVA hätte zwar keine wesentliche Gebührenerhöhungen zur Folge, wäre dennoch „schmerzhaft“, so Geschäftsführer Andreas Gimpel.

Kommunalpolitiker gegen Schließung der JVA Volkstedt

Gegen die Schließung opponieren Kommunalpolitiker unterschiedlicher politischer Couleur. Vergangenes Jahr forderten Jens Diederichs (parteilos, CDU-Landtagsfraktion) und Eislebens Oberbürgermeisterin Jutta Fischer (SPD) die Offenhaltung. Auch Gunter Wakan, Kreis-Vize der AfD, sieht das so. Mit einer Schließung würde „Wirtschaftspotenzial wegbrechen“, sagt er. Und Landrätin Angelika Klein (Die Linke) kündigt an, sich weiter dafür einzusetzen, dass die JVA bleibt.

Aber wie realistisch ist das? 2012 sei beschlossen worden, den Justizvollzug auf drei Standorte in Halle, Burg und Raßnitz zu konzentrieren, sagt Detlef Thiel, Pressesprecher im Justizministerium. „Daran hält die Landesregierung nach wie vor fest.“ Auch die Regierung habe wirtschaftliche Aspekte zu beachten, das Regierungshandeln sei sparsam auszuführen. „Ein dauerhafter Weiterbetrieb der JVA Volkstedt würde dem zuwiderlaufen“, so Thiel, der auf eine Einschätzung der Landes-Bauverwaltung verweist, nach der bei einem Weiterbetrieb „erhebliche Kosten“ entstehen würden. Hinzu komme, dass ab 2025 die flächendeckende Einzelunterbringung von Gefangenen vorgeschrieben sei. Damit verringere sich „die Belegungsfähigkeit der JVA Volkstedt um 68 auf insgesamt 138 Haftplätze“, die „Kosten-Nutzen-Rechnung“ verschlechtere sich. Eine Schließung vor 2025 sei jedoch „eher unwahrscheinlich“. Zudem könnten Firmen der Region bei einer Entfernung von rund 40 Kilometern zur JVA in Halle weiter „ohne Kostennachteile an Ausschreibungen zur Versorgung des Justizvollzuges teilnehmen“.

(mz)

Nadine Sternik vom Friz-Markt liefert Waren in die JVA.
Nadine Sternik vom Friz-Markt liefert Waren in die JVA.
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