St. Annenkirche in Eisleben St. Annenkirche in Eisleben: Kanzel bekommt Edelstahl-Korsett

Eisleben/MZ - Eine überraschende Entdeckung haben Bau-Experten in der Eisleber St. Annenkirche gemacht: Die Kanzel, die seit knapp zwei Jahren wegen Absturzgefahr notgesichert ist, lastet nicht mit ihrem Gewicht auf der Moses-Skulptur, wie bislang angenommen, sondern ist an dem Wandpfeiler verankert. „Und diese Verankerung funktioniert nicht richtig“, sagte der Architekt und Denkmalpfleger Jörg Kowalski aus Halle, der die Sanierung der Kirche und des benachbarten Klosters im Auftrag der St. Annengemeinde leitet.
Wie Kowalski im Gespräch mit der MZ sagte, habe er gemeinsam mit dem Restaurator Peter Schöne umfangreiche Untersuchungen an der Kanzel vorgenommen sowie Recherchen in Bauarchiven betrieben. Da es sich bei der Konstruktion um einen „sehr seltenen Fall“ handele, sei man sehr gründlich vorgegangen. Deshalb habe die ganze Sache auch einige Zeit in Anspruch genommen. Unter anderem haben die Fachleute die 1608 vollendete Renaissance-Kanzel aufgemessen sowie mittels Ultraschall und Wärmebildmessung untersucht. Außerdem ist der Kanzelboden geöffnet worden. Endgültigen Aufschluss über die innere Beschaffenheit lieferte eine sogenannte Bohrwiderstandsmessung. Das Ergebnis: Das Rundholz, das aus dem Kopf des Kanzelträgers Moses ragt und die Verbindung zum Kanzelkorb darstellt, sitzt nur im Kopf und reicht nicht bis zum Fuß der Skulptur. Bisher war vermutet worden, dass die Kanzel auf diesem Rundholz im Inneren des Kanzelträgers ruht - und dass daher die Stabilitätsprobleme rühren. Wie Kowalski und Schöne jetzt dagegen entdeckt haben, ist die Kanzel mit zwei schmiedeeisernen Ankern an dem Wandpfeiler befestigt. Diese Original-Konstruktion sei allerdings von Anfang an problematisch gewesen. „Die zwei Anker reichen für die Last einfach nicht aus“, so Kowalski.
Um die Tragfähigkeit der Kanzel wiederherzustellen, haben die Architekten ein Edelstahl-Korsett entworfen, das in den Kanzelboden eingezogen und am Pfeiler verankert werden soll. „Etwas Ähnliches haben wir in der Schlosskirche in Mansfeld gemacht“, sagt Kowalski. Die Untere Denkmalbehörde habe das Konzept bereits genehmigt. Beginnen sollen die Arbeiten im August. Die Kosten werden mindestens 50 000 Euro betragen. Neben der Kirchengemeinde, dem Kirchenkreis und der Landeskirche sowie Land und Bund beteiligt sich die Kurt-Lange-Stiftung aus Bielefeld an der Finanzierung.