Sammlerin aus Benndorf Sammlerin aus Benndorf: Das Osterei aus der Ukraine

benndorf - Trachtenpuppen, Wandteller, kleine Glocken, Keramikvasen, Teddy-Bären, bemalte Ostereier, Alu-Schöpfekellen... Zahlreich sind die Mitbringsel, die Maria Liebau aus Benndorf als Andenken an ihre Reisen aufbewahrt. „Schöpfkellen müssen aber einen Haken zum Aufhängen haben nicht ein Loch“, nennt sie ihr wichtiges Kriterium für sammelwürdige Utensilien.
Unter den Mitbringseln gibt es einige, die ihr mehr bedeuten als die anderen ist. Das sind Sachen, die an etwas Besonderes erinnern. Ein solcher Schatz ist ein bemaltes Osterei aus Lwiw (ukrainisch), Lemberg (deutsch), Lwów (polnisch), Lwow (russisch). In dieser westukrainischen Stadt, die mal zu Österreich, mal zur UdSSR, mal zu Polen gehörte, wurde Maria 1933 geboren, hier verbrachte sie die ersten sieben Jahre des Lebens. Bis ihre Eltern, die schwäbische Wurzeln hatten, 1940 in Richtung Polen auswanderten. Denn laut dem Hitler-Stalin Pakt war die Westukraine nun nicht mehr polnisch, sondern gehörte der UdSSR an.
Basteln eines fünfzackigen Sowjetsterns
„In der Stadt wurde noch polnisch gesprochen, doch die Rote Armee war schon da“, erinnert sich Maria Liebau. „Mein Vater, der Tischler war, sollte fürs Straßenbahndepot einen riesengroßen roten Stern anfertigen. Dazu bekam er rote Seide.“ Mit dem Auftrag habe der Vater gewisse Schwierigkeiten gehabt. Ein sechszackiger Stern wäre kein Problem. Doch wie bastelt man einen fünfzackigen Sowjetstern? Letzten Endes habe er das geschafft. „Etwas Stoff blieb übrig, und so kam ich zu einem roten Kleid“, schmunzelt die Benndorferin.
Auch von Lodz in Polen musste die Familie zum Kriegsende auf verschiedenen Wegen weg (Maria Liebau: „Das ist eine lange Geschichte“.). Benndorf war die Endstation der Flucht.
Doch zurück zu Reisen und Andenken. Maria Liebau war schon in Italien, Österreich, der Türkei. Am liebsten denkt sie aber an ihre „Ost-Fahrten“ - nach Polen, Tschechien, in die Ukraine. „Dort fühle ich mich wohl“, sagt sie. „Dort kann ich die Menschen verstehen und mich selbst verständlich machen“, so die Benndorferin. Erzieherin mit Lehrbefähigung vom Beruf beherrscht sie die polnische Sprache perfekt. Oft dolmetschte sie bei deutsch-polnischen Kontakten hier- und dortzulande.
Rundreise mit Stopp in Lwiw
In ihrer Geburtsstadt war sie dreimal, sagt Maria Liebau. Und erzählt von ihrem Aufenthalt dort noch zu DDR-Zeiten. Es war eine Rundreise mit einem Stopp in Lwiw. Eine besondere Reise, weil sich Maria Liebau fest vornahm, das Haus ihrer Eltern zu finden.
„Eigentlich durfte man damals die Reisegruppe nicht verlassen“, erinnert sie sich. Doch sie konnte sich mit der Reiseleiterin verständigen, für einige Stunden wegzubleiben. Mit einem Schwarztaxi - der Besitzer eines Privat-Pkw verdiente sich so ein paar Rubel dazu - ging es los. Doch wo lag das Haus? So genau wusste es die Frau aus der DDR nicht mehr. Schließlich war sie damals noch ein Kind. Und an den alten Straßennamen konnte sich niemand mehr erinnern. Die Straßen in Lwiw sind mehrmals umbenannt worden - je nachdem, welcher Staat die Westukraine gerade einverleibt hat.
Abenteuerliche Suche
Eine abenteuerliche Suche begann. „Ich auf Polnisch, er auf Ukrainisch“, schildert die Benndorferin, wie sie und der Kraftfahrer sich verständigten. War das Haus in der Nähe des Bahnhofes? Fehlanzeige. Ein Sender als Orientierungspunkt? Wieder falsch.
Irgendwann kam der Einfall, bei der Post zu fragen. Auch dort nur Worte des Bedauerns: Die alten Straßennamen waren hier unbekannt.
Dafür gab es aber einen guten Tipp: Im Stadtarchiv erkundigen. „Das Archiv hatte zu“, erinnert sich Maria Liebau. „Nur durch einen Zufall war dort aber ein Mitarbeiter anwesend, der noch etwas erledigen wollte. “ So erfuhr sie die Adresse.
„Das Haus war noch da und sah wunderschön aus. Eine Krankenkasse befand sich darin. Der Hausmeister ließ mich rein. Mir kamen sofort die Tränen“, so Maria Liebau. „Ich habe geheult wie ein Schlosshund. Auch der Fahrer setzte sich hin und heulte mit.“
Auch an diese Episode erinnert das Osterei aus Lwiw Maria Liebau. (mz)