Reformationsjubiläum Reformationsjubiläum : Schnitzeljagd mit QR-Code

Seeburg - Damit haben Marina und Frank Scheiner bei ihrem Ausflug an den Süßen See überhaupt nicht gerechnet: Als die beiden Bernburger zufällig am Donnerstagmorgen am Schloss in Seeburg vorbeischauten, bekamen sie gleich eine kleine Geschichtsstunde verpasst. Zur gleichen Zeit wurden am Schlosseingang und später an der Dorfkirche hoch über dem Ort Plaketten der interaktiven Tourismus-Route „Luther war hier“ angebracht. „Das ist aber spannend“, sagte Marina Scheiner, die eigentlich aus der Altmark stammt. Auch ihr Mann zeigte sich angetan von dem, was sie bei der Aktion des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie zum Reformationsjubiläum 2017 erfuhren.
Unruhige Zeiten
Projektmitarbeiter Jan Scheunemann schlug bei seinen Ausführungen einen Bogen zum Bauernkrieg im Jahre 1525. Martin Luther war damals in seine Heimatstadt nach Eisleben gerufen worden, um eine evangelische Schule zu begründen. Doch es herrschten unruhige Zeiten. Die Grafschaft Mansfeld wurde vom Aufruhr der Bürger und Bauern erfasst. Die Klöster in Wimmelburg, Klostermansfeld und Hettstedt waren gerade geplündert und zum Teil zerstört worden.
Luther war häufiger im Schloss
Luther versuchte, den Aufstand mit Predigten zu begegnen, was ihm allerdings nicht gelang. Ob er damals auch in der Fleckenkirche in Seeburg gepredigt hat, wie spätere Schriften behaupten, sei nicht belegbar, so Scheunemann. Dennoch habe man die Kirche in die Reihe der bekannten und eher wenigen bekannten Orte aufgenommen, in denen Luther gewesen sei. Immerhin sei es nicht völlig ausgeschlossen gewesen, so Scheunemann. Jedenfalls hat er sich öfter im Schloss in Seeburg aufgehalten. Wenigstens das ist unbestritten.
Es war schließlich die Residenz des Grafen Gebhardt VII. von Mansfeld-Mittelort, einem der Förderer der Reformation. Dort hat Martin Luther auch die Nacht vom 4. bis 5. Mai 1525 zugebracht, als er nach seinen erfolglosen Bemühungen, die Bauern zur Raison zu bringen, auf der Rückreise nach Wittenberg war. Und dort hat er auch seine berühmte Schrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ verfasst. Also ein denkwürdiger Ort, findet auch der Seeburger Ortsbürgermeister Günther Saken, der von Hause aus ein Katholik ist.
Wein und Bier beim Grafen
Er freute sich dennoch zu hören, dass Luther damals „den schönsten Ort von Sachsen-Anhalt“ besucht hat, um beim Grafen Wein und Bier zu genießen, so Saken, der damit gleich Werbung in eigener Sache betrieb. Was ihm besonders gefiel, ist der QR-Code auf der Plakette. Damit kommt man im Internet auf eine Seite des Landesamtes, auf der alles über den Ort nachzulesen ist und auch sonst Informationen und Tipps zur Region und zur Reformation gegeben werden. „Vielleicht werden dadurch auch Jugendliche animiert, sich mit dem Thema zu befassen“, sagte er.
Mehr zum Thema lesen Sie auf der folgenden Seite.
QR-Codes dienen als Hinweiszettel
Das hofft auch Pfarrerin Eva Kania. Sie verglich die Aktion mit einer Schnitzeljagd, die sie als Kind gespielt habe. Die QR-Codes würden wie Hinweiszettel sein, um nach den anderen Lutherorten zu suchen. Man sehe auf dieser Suche nach verborgenen Schätzen auch Orte, die man schon länger kenne, mit anderen Augen, sagte sie. Und das passt aus ihrer Sicht auch zur Reformation, durch die Menschen einen neuen Weg zu den Evangelien gefunden hätten, so die Pfarrerin. Zu Luthers Zeiten geschah dies über Bücher, heute übers Internet.
„Knallharte Lieferverträge“
Dass Luther damals gegen die aufrührerischen Bauern und Bergleute wetterte, hatte auch handfeste wirtschaftliche Gründe, so Kerstin Bullerjahn vom Landesamt, die die Aktion von Anfang an begleitet. Denn die Mansfelder Grafen, die die Schürfrechte an den Kupfervorkommen besaßen, hatten „knallharte Lieferverträge“ mit den Saigerhändlern aus Thüringen.
Bauern und Bergleute, die ihre Arbeit verließen und durch die Gegend zogen, brachten die ganzen Abläufe in Gefahr. Auch Luthers Familie selbst war von dem Aufruhr betroffen. Besaßen doch sein Vater, sein Bruder und auch Freunde selbst Kupferschächte. Auch einige seiner Anhänger, die unter anderem Hausbesitzer in Stolberg waren, gerieten dadurch in die Bredouille. Insofern sei Luthers Kritik an dem Aufstand nicht ganz uneigennützig gewesen, so Bullerjahn. (mz)
