Rauschgift-Fund mitten in Eisleben Rauschgift-Fund mitten in Eisleben: Herkunft der Plantage gibt Rätsel auf - Wurden Betreiber gewarnt?

Eisleben - Die Herkunft einer Cannabis-Plantage mitten in der Eisleber Innenstadt bleibt ein Rätsel. Mehr als zwei Wochen nach der Entdeckung der illegal betriebenen Anlage unweit des Rathauses am Markt ist die Polizei den Tätern noch nicht auf die Spur gekommen. „Die Ermittlungen werden sich noch eine Weile hinziehen“, vermutet Ulrike Diener, Sprecherin der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd in Halle, nach den Erfahrungen ähnlicher Fälle.
Cannabis ist der wissenschaftliche Name der Gattung Hanf und wird umgangssprachlich auch für solche Produkte wie Marihuana (Blüten) und Haschisch (Harz) benutzt, die aus den weiblichen Pflanzen gewonnen werden. Der Anbau und Gebrauch von Hanf als Rauschmittel ist in den meisten Ländern verboten, so in Deutschland, wo Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge ist.
Was die Arbeit des zuständigen Fachkommissariats Rauschgiftkriminalität erschwert: Es konnte noch kein Kontakt zum Besitzer des leerstehenden Gebäudes in der Münzgasse 8, in der die Hanfpflanzen am 26. Dezember nach dem Hinweis eines Passanten gefunden wurden, aufgenommen werden. Die Polizei will sich auch nicht näher zu den Eigentümer äußern. Die Anschrift bekam die Kripo übrigens von den Stadtwerken der Lutherstadt Eisleben GmbH (SLE)
Versorgungsunternehmen hat eine Ahnung
Das städtische Versorgungsunternehmen erhält nach wie vor regelmäßige Abschlagszahlungen für Strom, obwohl das Haus schon einige Zeit unbewohnt ist, wie Geschäftsführerin Martina Hering gestern auf Anfrage sagte. Fast wären ihre Mitarbeiter auf die versteckte Drogenfarm gestoßen. Doch zur Jahresablesung war das Haus verschlossen. „Und aufbrechen dürfen wir es nicht“, so Hering.
Das taten dann die Leute von der Kripo am Sonnabend unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen, nachdem zuvor ein Bürger irgendwie stutzig geworden war. Als sie mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss die Tür aufhebelten, stießen die Beamten nicht nur auf die illegal betriebene Cannabis-Plantage. Sie entdeckten auch, dass die Täter den Zähler der Stadtwerke überbrückt hatten und illegal Strom zapften. Sie informierten sofort die Geschäftsführerin des Unternehmens, die natürlich aus allen Wolken fiel. „ Man kann ja so etwas nicht ahnen“, so Hering, die über die Dreistigkeit und Kaltschnäuzigkeit der Täter noch immer den Kopf schüttelt. Und so fiel auch niemandem bei den Stadtwerken auf, dass der Stromverbrauch in der Münzgasse 8 erheblich gestiegen war. Wieviel Kilowattstunden letztlich für die Drogen-Plantage verbraucht wurden, das kann man jetzt nur noch schätzen.
Das sich eines Tages solche ungeheuerlichen Dinge in dem altehrwürdigen Gebäude abspielen würden, das hätte sich auch der Gastwirt Bruno Zwanzig nicht träumen lassen. Er und später sein Sohn Fritz betrieben in dem Haus die bekannte Gaststätte „Kaiser-Halle“. Sie war um 1900 auch Sitz des Eisleber Männergesangsvereins. 1875 soll hier auch die Freiwillige Turner-Feuerwehr der Stadt gegründet worden sein. Gastwirt Fritz Zwanzig, der 1981 starb, war sogar DDR-Meister im Billard. Die Konsumgenossenschaft bewirtschaftete das Lokal bis Anfang der 1990er Jahre. Das Gebäude besitzt auch einen imposanten Weinkeller. In dem Kellergewölbe sollen sich auch niedrige Stollen befinden, die unter der Straße in die gegenüberliegende frühere Münze führen, in der heute das Rechnungsprüfungsamt der Stadtverwaltung sitzt.
Spekualtionen in sozialen Netzwerken
Unterdessen schießen auch in den sozialen Netzwerken die Spekulationen ins Kraut, wer die Drogen-Plantage nur wenige Schritte vom Markt entfernt angelegt haben und wie der Coup aufgeflogen sein könnte. Einige mutmaßen, dass möglicherweise irgendjemand Licht in dem Haus gesehen hat. Andere glauben, dass der Geruch des Hanfes die kriminellen Plantagenbetreiber verraten haben könnte.
Immerhin standen etliche der rund 630 entdeckten Pflanzen schon in voller Blüte. Gerätselt wird auch, wie es überhaupt gelungen ist, mitten in der Eisleber Innenstadt solch eine Plantage einzurichten. Schließlich war ein erheblicher Aufwand und eine Menge technische Ausrüstung vonnöten, um die illegale Cannabis-Anlage in dieser Größenordnung aufzubauen. Die Kripo hatte am Dienstag mehrere Stunden zu tun, um alles wieder herauszuschaffen. Das seien keine Anfänger gewesen, ließ einer der Beamten durchblicken. Die Polizei hatte sogar eine Überwachungskamera in der Münzgasse installiert in der Hoffnung, die Täter würden sich noch einmal zeigen. Doch nichts geschah. Ob sie irgendwie Wind davon bekommen haben, dass ihnen die Polizei auf die Schliche gekommen war? (mz)


