NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Lieber Suppenküche als Bundeskanzlerin

Ahlsdorf/MZ - Hannelore Kraft würde eines Tages nach dem Ende ihrer politischen Karriere am liebsten eine Suppenküche für Kinder aufmachen. Und sie hofft dann, wenn sie im Ruhestand ist, auch endlich keine Hunderte von E-Mails mehr zu bekommen. Nur eines kann sich die heute 52-jährige Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen nicht vorstellen: dass sie die Kanzler-Kandidatin der SPD wird. „An Tischen bei G 20-Gipfeln zu sitzen, das ist nicht mein Ding“, stellte sie am Freitagabend beim traditionellen SPD-Frühlingstalk im Klubhaus in Ahlsdorf unmissverständlich klar.
Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn, der noch schnell beim Frisör war, hatte in der launigen Gesprächsrunde mehrfach nachgebohrt, doch Kraft blieb bei ihrer Antwort: Sie habe in ihrem Bundesland noch so viel zu tun, insbesondere bei der Verbesserung der Bildungs- und Aufstiegschancen von Kindern aus sozial benachteiligten Schichten, da reiche ihre Zeit nicht aus, um danach noch höhere Ämter anzustreben, sagte die Regierungschefin des mit 18 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Mitten im Ruhrpott aufgewachsen, gab sie sich denn auch traditionsbewusst.
Kein Arzt konnte ihr helfen
Sie hatte extra einen schwarzen Bergmanns-Kittel aus ihrer Heimat angezogen, weil sie wusste, dass das Mansfelder Land auf eine lange Bergbau- und Hüttengeschichte zurückblicken kann. Das Steigerlied zur Begrüßung kam daher nicht von ungefähr. Prompt bekam sie vom Traditionsverein der Ingenieurschule in Eisleben ein Erinnerungsgeschenk. Später gesellte sich noch der obligatorische Präsentkorb mit Mansfelder Wurst dazu.
Solche Hausschlachtewaren kann sie wenigstens essen, von Fettbemme und Bier musste sie Abstand nehmen. Hannelore Kraft darf nämlich nichts essen, was Getreide enthält, also auch kein Brot. Freimütig erzählte sie, wie sie vor zehn Jahren immer mehr abgemagert sei. Kein Arzt konnte ihr helfen, bis sie selbst im Internet recherchiert und dort herausgefunden habe, was ihr fehlte.
Das ist irgendwie symptomatisch für diese Frau, die bodenständig und bürgernah „rüberkommt“. Sie nimmt ihr Leben selbst in die Hand. Das war so, als sie, die aus einem Arbeiterhaushalt stammt (Vater Schuster, Mutter Verkäuferin) erst Abitur, dann eine Banklehre und schließlich ein Volkswirtschaftsstudium machte.
Auslöser war ein Kindergartenplatz
Und als sie 1994 als junge Mutter keinen Kindergarten-Platz bekam, trat sie in die SPD ein, „um das zu verändern“, wie sie erzählte. Die Quereinsteigerin, die damals als Unternehmensberaterin arbeitete, machte, wenn man ihren Geschichten dazu glaubt, eher unverhofft politische Karriere. Immerhin: Sie wollte Verantwortung übernehmen, auch wenn sie Hinterzimmer-Kungeleien wie bei Kurt Becks Rücktritt als SPD-Chef „nicht ausstehen kann“, wie sie offen bekannte. Da fühlt sich die gebürtige Mühlheimerin, die nach eigenem Bekunden sehr gut kochen kann, unter dem einfachen Volk wohler.
Auch deshalb ist sie eine Anhängerin von Borussia Mönchengladbach. Bullerjahn hielt froh gelaunt als Fan von Bayern München dagegen. Da ahnte er noch nichts von der 0:3-Heimschlappe seiner Elf einen Tag später gegen Dortmund.