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Nach Angriff auf junge Familie Nach Angriff auf junge Familie: Tatwaffe in Eisleben war scheinbar manipuliert

Von Jörg Müller 31.01.2019, 10:36
Heike Lindner arbeitet im Familienbetrieb  „Jagd & Sport“ in Rothenschirmbach. 
Heike Lindner arbeitet im Familienbetrieb  „Jagd & Sport“ in Rothenschirmbach.  Jürgen Lukaschek

Eisleben/Rothenschirmbach - Knapp zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Luftgewehrschuss auf ein Auto in Eisleben hat die Polizei noch keine heiße Spur. „Die Ermittlungen laufen“, sagte Steffi Schwan, Sprecherin des Eisleber Polizeireviers, auf MZ-Anfrage.

Ein Problem sei, dass kein Projektil gefunden worden sei. Deshalb könne man nicht sicher sagen, ob mit einer Druckluftwaffe geschossen worden sei. „Es kann ja zum Beispiel auch eine Steinschleuder gewesen sein.“ Ermittelt wird wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Verstoßes gegen das Waffengesetz und Sachbeschädigung.

Angriff auf junge Familie in Eisleben

Der Vorfall hatte sich am Freitag, 18. Januar, in der Straße Hinterm Geiststift ereignet. René und Vicky Gorisch waren mit ihrem zweieinhalbjährigen Sohn gerade in ihr Auto eingestiegen, als sie einen dumpfen Knall hörten und die Windschutzscheibe auf der Beifahrerseite splitterte. Das Geschoss konnte die Scheibe aber zum Glück nicht durchdringen. Die schockierte Familie brachte sich erst einmal in Sicherheit und verständigte dann die Polizei. Die Beamten sicherten den Tatort und untersuchten ihn kriminaltechnisch, konnten aber keine konkreten Hinweise auf die verwendete Waffe finden. Vermutlich habe es sich um ein Luftgewehr oder eine Luftpistole gehandelt, so die Polizei.

Luftgewehr mit schwerer Feder

Solche Druckluftwaffen sind in Deutschland für jeden über 18-Jährigen frei erhältlich, wenn sie mit einem F in einem Fünfeck gekennzeichnet sind. Das bedeutet, dass die Energie des Geschosses nicht größer als 7,5 Joule ist. Ausnahmen gelten für Waffen, die vor 1970 beziehungsweise vor 1991 in der DDR hergestellt worden sind. Beim Schießen mit einer erlaubnisfreien Waffe muss sichergestellt sein, dass die Geschosse das Grundstück nicht verlassen können. Heike Lindner vom Fachgeschäft „Jagd & Sport“ in Rothenschirmbach kennt den Eisleber Vorfall nur aus der Zeitung. Sie kann sich aber nicht vorstellen, dass ein Schuss aus einem frei erhältlichen Luftgewehr aus etwas größerer Entfernung einen solchen Einschlag verursachen kann. „Es müsste dann schon eine aufgerüstete Waffe gewesen sein.“ Dabei wird zum Beispiel eine stärkere Feder eingebaut, was zu einem höheren Luftdruck und einer höheren Geschoss-Energie führt. So eine Veränderung einer freien Waffe sei natürlich illegal und ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Keine Verletzungsgefahr

 Dass die Familie im Auto geschockt gewesen sei, sei natürlich „absolut nachvollziehbar“, so Lindner. Allerdings wäre wahrscheinlich auch niemand verletzt worden, falls das Geschoss die Scheibe durchschlagen hätte. Denn dabei hätte das Geschoss so viel Energie verloren, dass es nicht mehr gefährlich gewesen wäre. Ansonsten könne auch ein freies Luftgewehr aus der Nähe (bis etwa 15 Meter) Verletzungen verursachen. Weitaus gefährlicher sind die Weitschuss-Luftgewehre, die nur mit einem Erwerbsschein an Jäger oder Sportschützen verkauft werden. Diese Waffen erlauben präzise Schüsse aus bis zu 50 Metern Entfernung.

Heike Lindner und ihr Mann Karl-Heinz haben das Geschäft „Jagd & Sport“ 1991 in Eisleben gegründet. Karl-Heinz Lindner ist von Beruf Förster und betreibt bis heute eine Jagdschule in Wolferode. Pro Jahr bereiten sich hier bis zu 15 angehende Jäger auf die Prüfung vor. Anfang 2014 hat ihr Sohn Denny Lindner, gelernter Büchsenmacher, das Geschäft übernommen, das seit 2015 in einem Neubau in Rothenschirmbach ansässig ist. Er fällt zur Zeit krankheitsbedingt aus, so dass vor allem Heike Lindner im Laden steht. Außerdem gibt es noch einen angestellten Büchsenmacher. Die meisten Kunden sind Jäger oder Sportschützen. Neben den Waffen ist auch Zubehör und Kleidung im Angebot. Eine Werkstatt steht für Reparaturen und Service zur Verfügung. Auch für alte DDR-Luftgewehre sind noch Original-Ersatzteile erhältlich.

„Luftgewehre werden viel gekauft“, so Heike Lindner. Genutzt werden sie von Hobby- und Sport-Schützen zum Scheibenschießen. Die Preise reichen von um die 100 bis zu mehrere tausend Euro.  „Es gibt auch Luftgewehr-Vereine.“

(mz)