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Lutherrose in Schokolade Lutherrose in Schokolade: Benachteiligte Jugendliche stellen originelle Produkte her

Von Jörg Müller 30.01.2018, 13:45
Jeremy Mietz mit Ausbilder Volker Erfurt in der Holzwerkstatt.
Jeremy Mietz mit Ausbilder Volker Erfurt in der Holzwerkstatt. Jürgen Lukaschek

Eisleben - Das mit den Schokotalern war eigentlich nur als Gag gedacht. „Wir haben uns damals zur Einweihung der Seilscheibe überlegt, kleine Bergbautaler aus Schokolade herzustellen“, sagt Uwe Klein. Er ist Projektleiter bei der BTH Bildungs-, Technologie- und Handelsgesellschaft in Eisleben. Die Seilscheibe, ein Denkmal des Mansfelder Bergbaus, wurde vor circa zweieinhalb Jahren im BTH-Hof in der Seminarstraße aufgestellt. Seitdem ist aus dem „Gag“ mit den Schokotalern ein eigener Produktionsbereich in einem Projekt für benachteiligte Jugendliche geworden.

Jugendliche können an dem Projekt „Stabil“ teilnehmen

„Stabil“ heißt das Projekt, das vom Europäischen Sozialfonds und dem Jobcenter Mansfeld-Südharz finanziert wird. Es geht um Jugendliche zwischen 18 und unter 25 Jahren (in Ausnahmefällen auch bis unter 30 Jahren), die zum Beispiel keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung haben. Oder die auf Grund von Drogenkonsum oder Haftstrafen Schwierigkeiten haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Solche Jugendliche können über das Jobcenter in „Stabil“ vermittelt werden. Wobei die Teilnahme freiwillig ist. Drei bis zwölf Monate - vereinzelt bis 18 Monate - arbeiten sie in der Holz- oder der Metallwerkstatt oder in der Kantine am BTH-Standort Steinkopfstraße, im Antiquariat in der Seminarstraße oder im Garten- und Landschaftsbau. Die Idee dabei: Sie sollen über die Praxis an das Lernen und an die Arbeitswelt herangeführt werden.

Daneben gibt es sogenannten Stützunterricht sowie sozialpädagogische Betreuung. Als Motivation können sie leistungsabhängig bis zu 100 Euro im Monat erhalten - zu ihren normalen Sozialleistungen. „Unser Ziel ist, dass sie eine neue Einstellung zum Erwerbsleben entwickeln“, sagt Sozialpädagoge Klein, der seit 1994 bei dem Bildungsträger arbeitet. Da gehe es zum Beispiel um Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, die Strukturierung des Alltags und um soziales Training.

Jugendliche lernen im Projekt das Arbeitsleben kennen und stellen auch richtige Produkte her

Und wie im richtigen Arbeitsleben sollen sie eben auch richtige Produkte herstellen. So wie die Schokotaler, die in einem Extra-Raum neben der Küche gefertigt werden. Hier muss nicht nur die Hygiene beachtet werden. Auch im Produktionsprozess kommt es auf exakte Arbeit an. „Wir haben uns selbst intensiv damit beschäftigt und auch viel Lehrgeld bezahlt“, so Klein. Denn die Schoko-Ausgangsmasse muss genau auf bestimmte Temperaturen erhitzt beziehungsweise abgekühlt werden. Auch die Silikonformen für die Taler sind selbst gemacht.

Neben Bergbau-Talern gibt es mittlerweile zahlreiche weitere Motive, wie die Lutherrose, das Eisleber Wappen, die Mansfelder Wickelschlacke oder - ganz neu - die Seilfahrtsmarke. Mit diesen Marken wurde kontrolliert, wo sich jeder Bergmann befand. Die Schokotaler werden unter anderem in der Mansfelder Genussbox oder im Obsthof Aseleben verkauft. „Wir machen aber keine Massenproduktion. Es ist alles Handarbeit bis zur Verpackung.“

Im Holz-Bereich entstehen zum Beispiel rustikale Gartenbänke, Tische, Festzeltgarnituren, Kästen für Wein, Sekt und die Schokotaler sowie Schwibbögen mit Eisleber und Bergbau-Motiven. In der Metall-Werkstatt werden unter anderem Kerzenständer oder Feuerkörbe gefertigt. Einige der jungen Leute lernen sogar schweißen.

Fachbeirat prüft die Produkte, die bei der BTH Bildungs-, Technologie- und Handelsgesellschaft gefertigt werden

Ein Fachbeirat mit Vertretern der Kammern, von Verbänden, Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung und Kommunen prüfe jedes Produkt, so Klein. So soll verhindert werden, dass durch das geförderte Projekt eine Konkurrenz für regionale Firmen entsteht.

Und der Erfolg? „Wir können keine Wunder bewirken“, so der Projektleiter. Aber immerhin rund 30 bis 40 Prozent der Teilnehmer gehen danach in eine weitere Maßnahme, eine Ausbildung oder schaffen direkt den Einstieg bei einer Firma. „Die beste Chance für unsere Leute ist ein Praktikum“, sagt Klein. „Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt kommt uns da natürlich entgegen.“ (mz)