Interview mit Ragna Schirmer Interview mit Ragna Schirmer: Klavierspielen allein reicht nicht

Eisleben - Die preisgekrönte Pianistin Ragna Schirmer gastiert am 12. März am Theater in Eisleben. An diesem Abend will sie das Publikum mit auf eine spannende Reise durch die Epochen der Musik nehmen. Im Vorfeld sprach MZ-Mitarbeiterin Christiane Rasch mit der Wahl-Hallenserin.
Frau Schirmer, was machen Sie denn gerade?
Schirmer: Jetzt im Augenblick mache ich mir einen Kaffee und danach geht es schon wieder ans Üben. Denn am Abend bin ich in Chemnitz mit dem Programm „Liebe in Variationen“.
Hören Sie privat auch klassische Musik?
Schirmer: Für mich ist es natürlich etwas anderes, Klassik zu hören. Wahrscheinlich rührt das von meiner pädagogischen Tätigkeit her. Wenn ich klassische Musik höre, überlege ich immer direkt, was man an den Stücken besser machen könnte. An sich höre ich privat aber durchaus viel Musik. Ich habe eine Vinyl-Sammlung mit rund 10 000 Schallplatten. Darunter findet sich viel Jazz und auch Rock. Richtig aktuelle Sachen jedoch weniger. Da bin ich wohl schon ein wenig rückwärtsgewandt.
Sie wohnen seit geraumer Zeit in Halle. Wieso haben Sie sich für diese Region entschieden?
Schirmer: Inzwischen lebe ich seit 20 Jahren in Halle. Bereits während meines Studiums in Hannover hat es mich aufgrund der Lehrtätigkeit an die Universität nach Halle verschlagen. Der Osten selbst hat aber mich schon lange davor gereizt. Einerseits gibt es da die Verbindung durch meine Großmutter, die Bernburgerin ist. Auf der anderen Seite gab es in meinem Leben immer auch kulturelle Bezüge zu Städten wie Eisenach und Leipzig. Nach der Wiedervereinigung hat mich ein Umzug in den Osten daher sehr gereizt. Das war irgendwie ein Bauchgefühl.
Wie kam das Konzert in Eisleben zustande?
Schirmer: Ich war schon mehrfach in Eisleben. 2014 habe ich gemeinsam mit der Staatskapelle Halle ein Chopin-Konzert in der Stadt gegeben. Damals entstand auch die Idee des Klavierabends. Das Format finde ich persönlich sehr spannend. Denn man sitzt ganz allein, nur mit dem Klavier auf der Bühne und nimmt die Besucher mit auf eine Reise durch die Musik. Ich freue mich, dass das nun am Theater klappt und bin gespannt, ob genauso viele Besucher kommen werden wie bei den Konzerten in Halle.
Wie bereiten Sie sich auf den Abend vor?
Schirmer: Nun, ich spiele die einzelnen Stücke, die an diesem Abend zu hören sein werden, schon sehr lange. Ich habe sehr viel über sie gelesen und denke viel darüber nach, was sich die einzelnen Komponisten bei diesen Werken gedacht haben. Die Vorbereitung beinhaltet daher schon mehr als die Stücke nur zu hören und zu spielen. Da steckt viel Nachdenken dahinter. Gerade in Ludwig van Beethovens Sonate op. 111 c-Moll finden sich sehr viele philosophische Bezüge, mit denen man sich als Interpret im Vorfeld auseinandersetzen muss. Um das dann auch den Konzertbesuchern näher zu bringen, versuche ich vor jedem Werk zu erklären, was ich mir selbst beim Spielen denke. Letztlich gehört zur Vorbereitung aber natürlich hauptsächlich, dass man sich ans Klavier setzt und übt.
Auf Seite 2 lesen Sie, was die Besucher beim Konzert im Theater Eisleben erwartet.
Gibt es feste Rituale, die sie vor den Konzerten haben?
Schirmer: Nun ja, ich denke jeder Musiker hat kleine Tendenzen zum Aberglauben. Denn es ist schon besonders, sich alleine auf eine Bühne und vor Publikum zu stellen. Ich nehme das Ganze sehr ernst und bin nach wie vor noch aufgeregt. Vor einem Konzertabend schlafe ich in der Regel am Nachmittag, um so viel Ruhe wie möglich zu bekommen. Und in der letzten halben Stunde vor dem Auftritt sollte mich besser niemand ansprechen.
Was erwartet die Besucher bei ihrem Klavierabend am 12. März?
Schirmer: Auf jeden Fall ein intensives Erlebnis. Die Besucher erwartet ein Abend, durch den sich ein roter Faden zieht. Eine Reise durch die Geschichte der Musik, insbesondere durch die Klaviermusik anhand bedeutender Werke. Ich versuche, die vielen Facetten und Farben der verschiedenen Epochen aufzuzeigen. Das wird sehr spannend, wenn sich dieser große Kosmos durch nur eine Person und ein Klavier öffnet. Und ich hoffe, dass sich die Besucher mit mir gemeinsam auf dieses Erlebnis einlassen.
Der Klavierabend trägt den Titel „Über die Freiheit der Form“. Was kann man sich darunter vorstellen?
Schirmer: Die Barockmusik des späten 17. Jahrhunderts arbeitete mit großen Freiheiten. Dem Interpreten bleiben teilweise nur Versatzstücke, die er dann mit Improvisationen ausfüllt. Im 18. und 19. Jahrhundert sah das dann schon ganz anders aus. Die technischen Möglichkeiten und musikalischen Formen haben sich weiterentwickelt. Diesen Wandel durch die Epochen will ich mit bedeutenden Werken von Bach bis Beethoven aufzeigen. Das ist wirklich hochspannend, wie sich die Form der Musik und auch der Sprache in dieser Zeit verändert hat.
Wieso raten sie auch Menschen zum Konzertbesuch, die ansonsten vielleicht keinen Bezug zu klassischer Musik haben?
Schirmer: Um das Ganze ganz einfach mal zu erleben. Und danach können sie entscheiden, ob es ihnen gefallen hat oder nicht. (mz)
Das Konzert findet am 12. März, 19.30 Uhr am Theater in Eisleben statt. Karten sind unter anderem erhältlich unter:www.theater-eisleben.de