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Graffiti gegen die Tristesse Graffiti gegen die Tristesse: Fassadengestalter besprüht kahle Wand in Eisleben

Von Fabian Wagener 02.04.2017, 14:00
Tino Schneider besprüht die Wand eines ehemaligen Kraftwagenbetriebs.
Tino Schneider besprüht die Wand eines ehemaligen Kraftwagenbetriebs. Jürgen Lukaschek

Eisleben - Tino Schneider sitzt auf einem Gerüst vor einer Wand eines ehemaligen Kraftwagenbetriebs in Eisleben. Neben ihm steht eine Kiste mit Sprühdosen, blaue Farbe, schwarze Farbe, weiße Farbe. Er nimmt eine Dose heraus, schüttelt sie, es klackert. Dann sprüht er los. „Ich denke, dass wird hier ein richtig schönes Bildchen“, sagt er.

80 Quadratmeter Wandfläche werden mit Motiven aus dem Mansfelder Land und der Lutherstadt gestaltet

Bildchen? Das klingt ein wenig kleiner, als die Sache ist. Denn: Es ist ein vergleichsweise großes Projekt, das Schneider da stemmt. In Eisleben, auf dem Gelände hinter der ehemaligen Kupferklause, gestaltet der Graffiti-Künstler und selbstständige Fassadengestalter zwei Wände, insgesamt rund 80 Quadratmeter. Wenn er fertig ist, wird das Werk Motive aus dem Mansfelder Land und der Lutherstadt zeigen: die Andreaskirche, ein Bergwerk, das Lutherdenkmal. Und vieles mehr.

Schneider sprüht jetzt ein helles Blau auf die Wand, er ist dabei, den Kopf Martin Luthers zu malen. An die Wand hat er ein Stück Papier geklebt, eine Vorlage, auf der ein Entwurf des Bildes abgebildet ist. So weiß Schneider, wo er sich gerade befindet, was er zu tun hat. „Es ist eine Herausforderung, die Motive detailgetreu wiederzugeben“, sagt er.

Seit Dienstag ist der Künstler, der aus einer Ortschaft nahe Leipzig kommt, in Eisleben, um die vormals kahle Wand zu gestalten. Zunächst grundierte er die Fläche mit grauer Fassadenfarbe, erzählt er, das dauerte rund eineinhalb Tage. Dann griff er zu Zollstock, Wasserwaage und Bleistift. Er zeichnete kleine Rechtecke ein, zur Orientierung. Anschließend sprühte er die Konturen von Häusern und Menschen auf, die er nun ausmalt.

Es ist also schon zu erahnen, wie es hier aussehen wird, wenn das Bild in der nächsten Woche fertig ist. Und so kommen Spaziergänger vorbei, halten an, betrachten die Arbeit des Künstlers. Sie scheinen begeistert zu sein, allesamt. „Das ist zum Knutschen“, meint etwa Siegfried Etzrodt und lacht. „Einfach super“. Auch Rolf Lange sieht das so. Der Eisleber Stadtrat (Die Linke) steht am Freitagmorgen auf dem schmalen Weg, der vor den beiden Wänden entlangführt. Er hat einen Kaffee dabei, eine kleine Stärkung für Tino Schneider, der seit acht Uhr früh auf dem Gerüst sitzt und mit den Sprühdosen hantiert. „Das wird einmalig“, sagt Lange. „Das Bild zeigt die Historie des Mansfelder Landes einschließlich der Geschichte der Lutherstadt Eisleben.“ Er könne kaum abwarten, dass es fertig wird, sagt er.

Das dürfte wohl auch damit zusammenhängen, dass der Stadtrat selbst an der Verwirklichung des Projekts alles andere als unbeteiligt ist. Er war es, der das Ganze ins Rollen und den Kontakt zu dem Graffiti-Künstler Schneider hergestellt hat. Ursprünglich, erzählt Lange, sollte auf die große Wand ein Lutherspruch kommen. In der Fraktion aber habe man überlegt, ob es nicht andere Möglichkeiten gebe. Dann, so Lange, sei er in Helbra auf Wandbilder von Tino Schneider gestoßen. „Die haben mir sowas von gefallen“, sagt Lange. Die Idee war geboren.

Projekt zur Fassadengestaltung in Eisleben kostet rund 7.500 Euro

Bis es zur Umsetzung kam, war freilich noch ein Weg zu gehen. So musste das Vorhaben auch vom Land genehmigt werden, da sich die Wände an der Peripherie jener Orte in Eisleben befinden, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Und auch die kommunalen Gremien befassten sich mit dem insgesamt rund 7.500 Euro teuren Projekt. So präsentierte Schneider einige Entwürfe für die Wände im Stadtentwicklungsausschuss. Dort stellte er dar, dass derlei Bilder nicht nur von ästhetischem Nutzen sind. Die Erfahrung zeige, dass sie auch ein Schutz gegen illegale Graffiti seien, so Schneider. Der Stadtrat gab schlussendlich grünes Licht, wobei es sein kann, dass Schneider auch noch eine weitere Wand gestalten wird, in der Chauseestraße, mit Bergmannsmotiven.

Zurück auf dem Gelände hinter der ehemaligen Kupferklause in der Innenstadt: Dort greift Graffiti-Künstler Schneider jetzt zu einer Sprühdose mit dunklerem Blau. Er blickt kurz auf. „Ich hoffe, dass die Eisleber das Bild schön finden“, sagt er. Dann sprüht weiter. Noch ist einiges zu tun. (mz)

So soll die Wand am ehemaligen Kraftwagenbetrieb in Eisleben am Ende aussehen.
So soll die Wand am ehemaligen Kraftwagenbetrieb in Eisleben am Ende aussehen.
Entwurf/Schneider