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Amtsgericht Eisleben Geldstrafe bei Strafverfahren: Wo das Geld landet

Amtsgericht Eisleben: Wenn Verfahren eingestellt werden, können Geldauflagen verhängt werden. 2020 sind dadruch rund 25.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen geflossen.

20.04.2021, 10:45
Das Amtsgericht in Eisleben
Das Amtsgericht in Eisleben Jürgen Lukaschek

Eisleben

Rund 25.000 Euro hat das Eisleber Amtsgericht im vergangenen Jahr gemeinnützigen Vereinen zugesprochen. Dabei handelt es sich um sogenannte Geldauflagen, die im Rahmen der Einstellung eines Verfahrens verhängt werden können. Empfänger der Zahlungen ist neben insgesamt zehn Vereinen auch die Staatskasse mit rund 7.700 Euro gewesen. Das teilte das Justizministerium Sachsen-Anhalt auf MZ-Anfrage mit.

Geldstrafen landen bei gemeinnützigen Organisationen

Laut Strafprozessordnung kann bei geringer Schuld des Angeklagten das Verfahren vorläufig eingestellt werden - wenn alle Prozessbeteiligten dem zustimmen. Dabei kann das Gericht dem Beschuldigten verschiedene Auflagen oder Weisungen erteilen. Möglich sind zum Beispiel die Wiedergutmachung eines verursachten Schadens, die Zahlung eines Geldbetrags zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse, die Erbringung sonstiger gemeinnütziger Leistungen, das Bemühen um einen Täter-Opfer-Ausgleich zur Wiedergutmachung oder die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs beziehungsweise Fahreignungsseminar. Auch bei einer Verurteilung kann das Gericht dem Angeklagten die Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse auferlegen.

Mit 11.400 Euro hat die Deutsche Kinderkrebsnachsorge in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) im vergangenen Jahr den größten Teil der am Eisleber Amtsgericht verhängten Geldauflagen erhalten. An den Deutschen Kinderschutzbund Mansfeld-Südharz sind 8.230 Euro gegangen, an den Humanistischen Verband Mansfelder Land 1.350 Euro und an die Kreisverkehrswacht Mansfeld Südharz 1.250 Euro. Weitere Beträge haben erhalten: der Kreisbehindertenverband Eisleben (752 Euro), der Förderverein der Grundschule „Geschwister Scholl“ Eisleben (600 Euro), die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft Hettstedt (500 Euro), der Naturschutzbund Deutschland (350 Euro), der Verein Tierheim „Am Sandgraben“ Eisleben (340 Euro) und der Verein zur Förderung krebskranker Kinder Halle (200 Euro).

Zahlung einer Geldstrafe ist kein „Freikaufen“

Grundsätzlich können Geldauflagen laut Gesetz jeder als gemeinnützig anerkannten Organisation zugesprochen werden. In der Praxis orientieren sich Richter häufig an Listen, in denen „empfangsberechtigte gemeinnützige Einrichtungen in Strafsachen“ aufgeführt sind. Dieses Verzeichnis wird in Sachsen-Anhalt vom Oberlandesgericht jährlich neu erstellt. Vereine oder Organisationen können die Aufnahme in diese Liste beantragen. In anderen Bundesländern sind dafür die Generalstaatsanwaltschaften, die Landesverwaltungen oder auch die einzelnen Landgerichte und Amtsgerichte zuständig.

Wie Dirk Kramer, Strafrichter am Eisleber Amtsgericht, der MZ sagte, berücksichtige er bei der Verhängung von Geldauflagen vor allem regionale Vereine. Zum einen bleibe damit das Geld in der Region. Zum anderen müsse das Gericht später überprüfen, ob die ausgesprochene Geldauflage auch tatsächlich gezahlt worden sei. Das sei erfahrungsgemäß einfacher, wenn es sich um einen hier ansässigen Verein handele. „Mitunter frage ich auch den Beschuldigten, ob er selbst einen Vorschlag hat, wem das Geld zugutekommen könnte“, so der Richter. Er weist darauf hin, dass ein großer Teil der geringfügigen Verfahren bereits bei der Staatsanwaltschaft eingestellt werde.

Dass die Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage landläufig gern als „Freikaufen“ kritisiert wird, sei nicht berechtigt. „Ich halte das oft für eine sehr sinnvolle Maßnahme“, so Kramer. Wenn es sich nur um ein kleineres Vergehen handele und sich der Beschuldigte einsichtig zeige, sei es für alle Beteiligten oft besser, wenn er sich um Wiedergutmachung bemühe und einen Betrag für einen gemeinnützigen Zweck zahle. Auch für die Geschädigten sei damit die Sache meistens aus der Welt geräumt. (mz/Jörg Müller)