Eisleber Wiese Eisleber Wiese: Debatte um Öffnungszeiten am Wiesenmontag geht weiter

Eisleben - Das Votum des Eisleber Stadtrats war eindeutig: Der Wiesenmarkt soll am Montag wieder um 10 Uhr öffnen - und nicht erst um 12 Uhr, wie im vergangenen Jahr. Fast einstimmig wurde in der jüngsten Ratssitzung ein Antrag der Fraktion Die Linke angenommen. Hintergrund: Wegen rückläufiger Besucherzahlen am Montagvormittag hatten die Schausteller um eine Verschiebung um zwei Stunden gebeten.
Die Schausteller bieten an diesem Tag zwei Stunden lang kostenlose Fahrten für behinderte und benachteiligte Menschen, vor allem für Schüler von Förderschulen. Die Eisleber Levana-Schule musste wegen der Verschiebung im vergangenen Jahr ihren traditionellen Wiesenbesuch absagen. Denn die Schüler werden bereits um 13.30 Uhr nach Hause gefahren. Laut Schulleiterin Katy Zöllner könnten um 12 Uhr nur einzelne Klassen auf die Wiese gehen, und nicht mehr die ganze Schule gemeinsam.
Entscheidung des Stadtrates für Eigenbetrieb Märkte nicht bindend
Eigenbetriebsleiter Siegmund Michalski hält den Stadtratsbeschluss allerdings nicht für bindend. In der Betriebssatzung sei festgelegt, dass der Betriebsleiter für die Festsetzung der Öffnungszeiten zuständig sei. Nach dem sehr klaren Votum des Stadtrats werde er aber noch einmal das Gespräch mit den Schaustellerverbänden suchen.
Bis zum nächsten Eisleber Wiesenmarkt sind es heute (Stand 19. Juni) noch genau 87 Tage: Am 14. September wird die 497. Ausgabe des größten Volksfests in Mitteldeutschland eröffnet. Die Veranstaltung dauert bis zum 17. September. Eine Woche später, vom 21. bis zum 23. September, läuft dann wieder die Kleine Wiese mit dem Ballonfestival.
Mitten in den Vorbereitungen ist das Team um Marktmeister Siegmund Michalski von der traurigen Nachricht getroffen worden, dass Sven Deckert plötzlich verstorben ist. „Das war natürlich ein Schock“, so Michalski zur MZ. Deckert, der seit mehr als 20 Jahren mit seiner Frau Antje das Wiesenfestzelt bewirtschaftet hatte, sei nicht nur ein zuverlässiger Geschäftspartner gewesen, sondern auch ein guter Freund. Deckert ist vor anderthalb Wochen im Alter von 53 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit überraschend verstorben.
„Wir haben der Familie zugesichert, dass sie jetzt erst einmal die Zeit für sich hat, die sie benötigt.“ Wie es mit dem Festzelt weitergehe, werde man dann zu gegebener Zeit besprechen. Angesichts eines solchen Schicksalsschlages werde alles andere im Leben nebensächlich, so Michalski.
Aktuell hat das Team unter anderem mit dem Sicherheitskonzept für den nächsten Wiesenmarkt zu tun. „Am Mittwoch haben wir die erste Sicherheitsberatung“, so Michalski. Teilnehmer sind Vertreter der Stadt, der Polizei, der Feuerwehr und des Sanitätsdienstes. „Wir werten die vergangenen Veranstaltungen aus“, so der Marktmeister. Auf dieser Basis werde das vorhandene Sicherheitskonzept jeweils weiter entwickelt.
Ob es in diesem Jahr wieder Betonsperren an den Zufahrten zum Festgelände geben wird, stehe noch nicht fest. Das hänge natürlich davon ab, wie die aktuelle Situation bewertet wird. Außerdem werde derzeit unter anderem am Belegungsplan gearbeitet. (mz)
Er gehe davon aus, dass die Schausteller „mit sich reden lassen“ werden. „Man möchte ja auch nicht auf Kriegsfuß mit dem Stadtrat und den Bürgern leben.“ Die Festsetzung der Öffnungszeiten für den nächsten Wiesenmarkt werde im Juli-Amtsblatt veröffentlicht.
Die Fraktion der Linken hält Michalski entgegen, dass der Stadtrat durchaus die Öffnungszeiten festsetzen könne. „Die Stadt Eisleben ist ja schließlich der Träger des Marktwesens“, so Stadtrat Rolf Lange. Er sei von vielen Leuten angesprochen worden, die alle für die traditionelle Öffnungszeit um 10 Uhr seien. „Und wir sind den Bürgern verpflichtet.“ Stefan Gebhardt (SPD/Bürger-Fraktion) sagte, auch der Stadtseniorenrat habe sich für die Beibehaltung der früheren Regelung ausgesprochen.
Heftige Diskussion über Wiesenmontag bei Facebook
Auch auf der Facebook-Seite der MZ wird über das Thema intensiv diskutiert. Matthias Kuhn, einer der Betreiber der privaten Internet-Seite „Absolut Wiesenmarkt“, schreibt, dass die Verschiebung auf 12 Uhr richtig gewesen sei. Leider habe der Veranstalter das „einfach so beschlossen, ohne ein neues Konzept zu erarbeiten“.
Die Schausteller müssten „auch mal Zeit zum Atmen bekommen“, so Kuhn. „Wir haben im letzten Jahr mit vielen Schaustellern geredet, gerade mit den kleinen Schaustellern. Die waren alle happy, dass es erst um 12 Uhr losging. Vor allem, weil sie Zeit für private Dinge haben. Da sind zwei Stunden viel wert. Gerade für junge Schaustellerfamilien mit Kindern.“
Er hoffe, dass der Veranstalter eine kompromissorientierte Lösung finden werde. „Das ist der Weg“, so Kuhn. Gisela Hutschenreuther aus Eisleben meint dagegen, dass die Schausteller auf der Eisleber Wiese wissen würden, dass diese vier Tage mit höchster Anspannung verbunden sind. „Die wollen keine Zeit zum Atmen, sondern Geld verdienen.“ In Eisleben sei der Montagmorgen schon immer Besuchstag für die Rentner gewesen, zu DDR-Zeiten auch für die ortsansässigen Handwerker und Arbeiter, die gern mal auch während der Arbeitszeit auf die Wiese gegangen seien.
Wiesenmontag: Besuch am Vormittag schon eine Tradition
In den letzten Jahren habe es sich zur Tradition entwickelt, dass die Behinderten, ehe der große Trubel einsetze, einen Ausflug auf die Wiese machen konnten, da sie sonst kaum die Möglichkeiten haben. „Das ist ein tolles soziales Engagement und ich freue mich, dass es weitergeht“, so Hutschenreuther.
Eine weitere Leserin macht ebenfalls auf die Auswirkungen des verspäteten Beginns für die Senioren und die Behinderten aufmerksam. Auch Schulen seien betroffen. „Man kann nicht Freifahrten als Schausteller anbieten, die keiner mehr nutzen kann.“ (mz)