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Eisleben Eisleben: Stadtbibliothek feiert Jubiläum

Von ronald dähnert 06.04.2014, 20:01
Cornelia Jauernik (r.) und Dagmar Schröter in der Stadtbibliothek.
Cornelia Jauernik (r.) und Dagmar Schröter in der Stadtbibliothek. Jürgen Lukaschek Lizenz

eisleben/MZ - Wenn die Eisleber Stadtbibliothek in dieser Woche ihr 160-jähriges Bestehen feiert, ist das das Jubiläum einer der ältesten Bibliotheken im Land Sachsen-Anhalt. Tatsächlich geht die heute in der Sangerhäuser Straße untergebrachte Bücherei auf den Eisleber Kaufmann Namens August Bindseil zurück, der am 6. April 1854 der Stadt nicht nur seine Bücher, sondern auch sein Vermögen vermacht hat: Immerhin 2 400 Bücher und 9 500 Mark. Dies alles fand Niederschlag in der Bindseil’schen Stiftung, aus der schnell die Bindseil’sche Bibliothek wurde.

160 Jahre später kann die heutige Leiterin der Stadtbibliothek, Cornelia Jauernik, strahlende Augen bekommen, wenn sie über die Entwicklung der Bibliothek spricht. Zu Zeiten der Bindseil’schen Bibliothek war es durchaus noch nicht üblich, Bücher auszuleihen. Damals mussten wissbegierige Leser in das Neue Rathaus in Eisleben gehen, denn dort war der Bindseil’sche Schatz untergebracht und ein Lesesaal eingerichtet worden. Es gibt noch fünf Bücher, die quasi als Augenzeugen der Entstehungszeit dienen: Bände mit Gedichten von Lord Byron (1788 bis 1824), einem britischen Dichter.

Schon am Montag ist Frank Kreisler in der Bibliothek und erzählt Kindern aus dem Leben eines Bücherwurms. Am Dienstag haben Neuleser die Gelegenheit, sich in der Bibliothek für die Hälfte der üblichen Kosten anzumelden. Am Mittwoch, 9. April, öffnet die Bibliothek ab 10 Uhr ihre Pforten für einen Tag der offenen Tür. 18 Uhr startet der Berliner Olaf Thomsen in der Stadtbibliothek einen Streifzug durch die Geschichte des Lesens, des Buches und der Schrift unter der Überschrift: „Buchskorpione, Leseratten und Nackenbeißer“. Und am Donnerstag, 10. April, werden Benutzerausweise für die Hälfte der üblichen Gebühren verlängert.

Nicht nur die Leiterin der Eisleber Stadtbibliothek ist augenscheinlich mit Leib und Seele Bibliothekarin, auch ihre drei Mitstreiterinnen brennen für den Beruf. Im Vorfeld des Jubiläums hat sich Ines Boge durch die Archive gewühlt und ein Fotobuch zur Geschichte der Bibliothek zusammengestellt. Nur ein einziges Exemplar, auf das die Bibliothekarinnen mindestens so stolz sind wie auf die Byron-Bände.

Im Laufe der Jahre hat sich vieles geändert. So wurde die Bindseil’sche Stiftung von den Nazis 1937 aufgelöst und aus der Bindseil’schen Bibliothek wurde die städtische Volksbücherei, die während der NS-Zeit „gesäubert“ wurde, wie das damals genannt wurde. Eine neue Säuberung der Bestände veranlassten dann die sowjetischen Besatzungsmächte, die zunächst die Nazi-Literatur aussortieren ließen und 1946 die städtische Volksbücherei wiedereröffneten.

Auch der Standort der Bibliothek änderte sich häufig: Sie war in die Lutherschule am Geburtshaus untergebracht, zog zwischenzeitlich in die Waage am Markt und war 1954 dann die Eislebener Stadtbibliothek. Damals wurde auch die Kinderbibliothek gegründet.

Ein Jahr zuvor waren die Leihgebühren abgeschafft worden, nur säumige Leser mussten Strafgebühren zahlen. 1958 wurde aus der Bücherei die Stadt- und Kreisbibliothek, der in den 60er Jahren der Name Maxim Gorkis verliehen wurde. Hinzu kamen später die „Phonothek“ sowie Stadtteilbibliotheken. Aus den Unterlagen weiß Cornelia Jauernik, dass sich 1981 immerhin 18 Angestellte um die Bestände kümmerten.

Feuer im „Moskito“

Nach der Wende traf die Bibliothekarinnen ein harter Schlag. Das im „Moskito“ untergebrachte Medienzentrum brannte 1995 aus. Der Schaden vor allem durch Ruß und Qualm war enorm. „Ich habe gedacht, dass wir ein Jahr lang aufräumen müssen“, so Jauernik. Doch die Bibliothek wurde bereits ein Jahr später im ehemaligen Kindergarten am Rühlemannplatz wieder eröffnet. Einen neuen Höhepunkt gab es 2007 mit der Neueröffnung im heutigen Gebäude.

Und was hat sich noch geändert? Die Lesegewohnheiten. Nach Jauerniks Worten ist mit dem Internet die Nachfrage nach Sachbüchern „extrem zurückgegangen“. Dazu gehörten auch die Bücher, die Kinder für Schulzwecke benötigen. Und das Genre der Bücher, die ausgeliehen werden, passt sich dem Zeitgeist an. Während der Harry-Porter-Hochzeit war die Fantasy-Literatur entsprechend gefragt, jetzt, da im Fernsehen die „Wanderhure“ und die „Hebamme“ ausgestrahlt werden, sind es diese Bücher, die die Bibliothekschefin als historische Unterhaltung bezeichnet.

Neues Haus auf alten Mauern

Das Haus in der Sangerhäuser Straße, dass durch die Bäckergasse auch mit dem Pkw gut zu erreichen ist und selbst Parkplätze direkt vorm Haus zu bieten hat, ist ein Neubau, der auf dem Kellergeschoss eines alten Hauses entstanden ist. Das gibt der Stadtbibliothek mit seinen quasi vier Geschossen ein ganz spezielles Flair. Cornelia Jauernik und deren Mitstreiterinnen tun eine Menge, um die Eisleber in das Haus zu locken. So monatliche Lesungen, die nach den Worten der Chefin „sehr unterschiedlich“ besucht werden. Für Kinder gibt es, gesponsert auch von der Wohnungsbaugesellschaft, Gutscheine für die Bücherei, allerdings nicht immer mit der gewünschten Resonanz.

Heute stehen fast 24 000 sogenannte Einheiten zur Ausleihe bereit. Darunter Spiele-Konsolen, Bücher, Hörbücher, CD, DVD, Zeitungen und Zeitschriften.

Literatur, nicht nur zum Reisen.
Literatur, nicht nur zum Reisen.
Jürgen Lukaschek Lizenz
Leonie (l.) und Jasmin inmitten der Schätze der Bibliothek.
Leonie (l.) und Jasmin inmitten der Schätze der Bibliothek.
Jürgen Lukaschek Lizenz