Dorfgeschichten Dorfgeschichten: Burgsdorf zieht junge Familien mit Kindern an

Burgsdorf - Burgsdorf wirkt auf den ersten Blick wie ausgestorben. Im Bösenburger Weg scheint sich nur der Wind zu bewegen. Das ist überaus angenehm bei den derzeit herrschenden Temperaturen. Links gackern Hühner, von rechts antwortet ein Hahn. Hunde bellen. Am Ende der Straße wohnt der Mann, der neben Ortschronist Erhard Gust so gut wie alles über das kleine Dorf und seine 178 Einwohner zu wissen scheint: Dittmar Jung.
Seit 1990 sitzt er im Ortschaftsrat. „Und neun Jahre bin ich jetzt schon Ortsbürgermeister“, so der 68-Jährige. „Ein unbequemer.“ Daraus macht Jung, der in Burgsdorf geboren, eingeschult und aufgewachsen ist, gar keinen Hehl. „Ich muss mich ja um die Probleme kümmern“, sagt er.
Burgsdorf freut sich über wachsende Einwohnerzahl
Nicht ohne Stolz verweist er beim Rundgang auf eine wieder wachsende Einwohnerzahl und einen sinkenden Altersdurchschnitt in Burgsdorf. „In den vergangenen Jahren sind einige junge Familien mit Kindern hierhergezogen. Sie kaufen Häuser und modernisieren sie“, so Jung. Und das, obwohl es keine Geschäfte im Ort gibt. „Sie sind ja alle mobil.“
Für ältere Bewohner sehe es da schon schlechter aus. Zwar kommen Verkaufswagen mit Fleisch- oder Backwaren. Doch wer zum Arzt in die Stadt wolle, für den gestalte sich der Weg umständlich. „Der letzte Bus Richtung Eisleben fährt kurz nach drei. Und auch nur Montag bis Freitag. Früher hatten wir sogar eine Verbindung nach Halle“, sagt der Ortsbürgermeister. „Wieder nach Halle und zurück zu kommen, wäre schon nicht schlecht. Und wenn es nur früh, Mittag und abends ist.“
Früher gab es in Burgsdorf einen Bahnanschluss
Noch viel früher hatte Burgsdorf sogar mal einen Bahnanschluss. „Da drüben haben die Züge gehalten“, sagt Jung und zeigt auf einen Punkt jenseits der Landstraße 159, wo die Halle-Hettstedter-Eisenbahn rollte. Zum letzten Mal allerdings hielt ein Zug am 31. Dezember 1966.
Der passionierte Taubenzüchter Jung kommt nicht weit auf seiner Runde, da trifft er auf Rüdiger Pach, der seit 13 Jahren in Burgsdorf wohnt. „Preis und Leistung bei dem Haus hier haben gestimmt. Wir haben einen schönen Garten und nette Nachbarn. Es ist ruhig hier“, meint der 64-Jährige. Von seinem Haus sind es nur noch ein paar Schritte bis zur ehemaligen Schule.
Dort treffen der Bösenburger Weg und die Straße An der Kirche aufeinander. Die drei Pappeln am einstigen Schulplatz wurden vor fünf Jahren gefällt. „Sie waren morsch“, so Jung. Als Siebenjähriger hat er 1957 die Bäume mit gepflanzt. „Aus Anlass des Sputnik-Starts“, weiß er noch.
25 Aktive engagieren sich in der Feuerwehr und halten Dorfleben hoch
Auf dem Weg zum Dorfteich werkelt Jan Fruggel an der schmucken Schiefermauer seines Grundstücks. 44 ist er, hat zwei Kinder. „Ich wollte nie weg aus Burgsdorf. Ich war mal kurz weg und dann war ich froh, dass ich wieder hier war“, sagt er. Fruggel ist in Burgsdorf groß geworden. Das habe ihn geprägt: „Einer vom Dorf wird nie ein Stadtmensch.“ Gegenüber steht die Kirche St. Andreas.
Burgsdorf, Friedrichrode, Neuglück - Orte, die nicht jeder gleich auf der Landkarte findet. In ihnen leben teils deutlich weniger als 200 Einwohner. Und doch gibt es interessante Geschichten. Wir haben uns im Landkreis Mansfeld-Südharz auf die Suche begeben. Die Resultate werden in unregelmäßigen Abständen in der Zeitung veröffentlicht. (mz)
„Kirche, Kneipe, Feuerwehr. Das war oder ist es doch, was das Dorfleben bestimmt“, so Ortsbürgermeister Jung. Kneipe - gibt es nicht mehr. Kirche - geht kaum noch jemand hin. Aber die Feuerwehr, darauf lässt Jung nichts kommen. 25 aktive Einsatzkräfte, neun Mitglieder der Altersabteilung.
Jung würde gern mehr für die Frauen und Männer tun, aber finanziell seien ihm die Hände gebunden. Viel im Ort ist indes durch Eigeninitiative und mit Unterstützung von Firmen entstanden. Der Spielplatz zum Beispiel, der laut Jung ungefähr 20.000 Euro gekostet hat. Die Pumpe am Dorfteich, der Teich selbst, Informationstafeln im Ort.
Brocken von Burgsdorf aus sichtbar
Am Dorfteich, dem ein Regenguss mal wieder gut tun würde, blickt Jung auf die Fische und spricht über Hannelore Keutel. „Sie füttert die Fische und sieht auch sonst nach dem Rechten“, freut sich Jung über so viel ehrenamtliches Engagement.
Nur, dass es in diesem Jahr kein Dorffest gibt, dass wurmt ihn mächtig. Immer am dritten Wochenende im Juli ist gefeiert worden. „Aber für uns Ältere war der Aufwand für die Vorbereitung irgendwann zu groß.“ Nächstes Jahr aber, davon ist Jung überzeugt, wird es wieder ein Dorffest geben. „Ich habe schon ein paar junge Leute gefunden, die das organisieren wollen.“ Und dann zeigt er noch eine ganz besondere Stelle am Ortsrand. „Bei klarer Sicht kann man von hier aus den Brocken sehen.“ Nur eben gerade nicht an diesem Vormittag. (mz)


