Aufsichtspflicht verletzt? Aufsichtspflicht verletzt?: Kita-Test bestätigt Sorgen der Eltern

Eisleben - „Wenn man sein Kind in die Kita bringt, erwartet man doch, dass es dort sicher ist“, sagt Babett Jung. Dieses Vertrauen hat bei ihr und ihrem Mann Tobias allerdings gelitten. „Da läuft viel schief“, so der Eisleber im Gespräch mit der MZ. „Wir wollen doch nur, dass die Erzieherinnen ihre Arbeit richtig machen.“ Die Familie ist seit einiger Zeit unzufrieden mit der Betreuung in der städtischen Kindertagesstätte „Apfelbäumchen“ in der Magdeburger Straße. Unter anderem funktioniere die Aufsicht nicht, kritisieren sie. Deshalb haben sie vor kurzem einen Test unternommen - der ihre Sorgen bestätigt hat.
Lockvogel wurde geschickt
„Wir haben eine Bekannte gebeten, als Lockvogel in die Kita zu gehen“, erzählt Tobias Jung. Die Frau sollte versuchen, die vierjährige Tochter der Jungs, Pauline, abzuholen. Und obwohl für die Bekannte keine Abhol-Erlaubnis vorlag, habe sie Pauline einfach mitnehmen können. „Nicht auszudenken, wenn das nun ein Fremder gewesen wäre“, so Babett Jung.
Kind hätte nicht mitgegeben werden dürfen
Kita-Leiterin Janet Köhler räumt auf MZ-Anfrage den Vorfall ein. „Das war ein Fehler der Erzieherin.“ Das Kind habe die Frau gekannt und sich auch gefreut, als sie zum Abholen gekommen sei. Aber natürlich hätte die Erzieherin ihr das Mädchen nicht mitgeben dürfen, so Köhler. „Wir haben das zum Anlass genommen, alle Abholberechtigungen jetzt noch einmal zu überprüfen.“ Die Mitarbeiterinnen seien noch einmal über ihre Pflichten belehrt worden. Auch mit der Familie hat die Leiterin den Vorfall ausgewertet und sich entschuldigt.
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Einführung eines neuen Konzepts
„Früher hat es dort nie Probleme gegeben“, sagt Tobias Jung. Auch die siebenjährige Tochter Emely, die mittlerweile zur Schule geht, hat die Kita „Apfelbäumchen“ besucht. Mit dem Wechsel der Leiterin vor circa einem Jahr und der schrittweisen Einführung eines neuen Kita-Konzepts hat sich die Betreuung nach Jungs Meinung verschlechtert. „Es gibt keine festen Gruppen mehr, und die Kinder können sich im ganzen Gelände frei bewegen.“ Er wünsche sich da einfach mehr Struktur. „Man erfährt auch nichts mehr und muss immer bei den Erziehern nachfragen“, so Jung. So seien zum Beispiel Kleidungsstücke seiner Tochter verschwunden, „das konnte sich keiner erklären“. Ebenso sei es mit kleineren Verletzungen gewesen, die sich Pauline offenbar beim Spielen zugezogen hatte. Aussprachen mit der Kita-Leiterin und der Leiterin des Eigenbetriebs hätten nichts gebracht, so Jung. „Wir sind da ins Leere gelaufen.“
Zum Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen der Lutherstadt Eisleben gehören die Kindertagesstätten „Gänseblümchen“, „Apfelbäumchen“, „Haus Sonnenschein“ und „Bummi“ in Eisleben, „Volkstedter Zwerge“ in Volkstedt, „Hasenwinkel“ in Wolferode; sowie die Horte an den Grundschulen „Geschwister Scholl“, Torgartenstraße, am Schloßplatz und „Thomas Müntzer“ in Eisleben.
In freier Trägerschaft werden folgende Kindertagesstätten betrieben: „Kirchenmäuse“, „St. Gertrud“, „Montessori“, „Kleine Bergmänner“ und „Zwergenstübchen“ in Eisleben, „Sonnenland“ in Polleben, „Borstel“ in Rothenschirmbach, „Laweketalspatzen“ in Hedersleben, „Gänseblümchen“ in Osterhausen, „Zwergenland“ in Bischofrode.
Kinder sollen mehr soziale Kompetenzen entwickeln
Kita-Leiterin Köhler bedauert, dass Familie Jung einen so schlechten Eindruck von der aktuellen Situation in Einrichtung hat. Seit Anfang dieses Jahres arbeite man nach einem offeneren Konzept. „Bei den Kindern kommt das sehr gut an.“ Ziel sei, dass die Kinder mehr mitbestimmen können und so mehr soziale Kompetenzen erwerben. „Freie Entscheidungen sind wichtig für die Persönlichkeit“, so Sabine Ehrenberg, Fachberaterin beim Eigenbetrieb. Dazu gehört auch, dass sie sich freier im Haus und im Gelände bewegen können. „Der Tag hat aber immer noch eine Struktur, und es gibt auch weiterhin Bezugserzieher“, so Köhler. Sie verstehe die Ängste, dass die Kinder nicht ausreichend betreut werden. Diese Sorgen seien aber unbegründet.
Offen für Gespräche
Das neue Konzept sei in der Elternvertretung sowie in Elternversammlungen vorgestellt worden. „Wir sind auch immer offen für Gespräche“, so die Leiterin. Eltern könnten auch gern einmal in der Einrichtung hospitieren. (mz)