Zweistromland zeigt seine Kultur an Mulde und Elbe
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris tauchte die älteste Zivilisation der Welt auf zu höchster Blüte. Hier entwickelte sich die erste Schriftsprache, wurde mit dem Gilgamesch-Epos die erste literarische Dichtung der Welt überliefert. Hier wurden auch die geologischen Entdeckungen ans Licht geholt, die die biblische Sintflut zur historischen Tatsache machten. Das alte Mesopotamien nannten die Sumerer "Aufgang der Sonne" oder "Araki". Wir sagen heute dazu Irak.
Den Irak in einer Kulturwoche darstellen zu wollen, scheint vor diesem Hintergrund fast vermessen. Erschwerend kommt hinzu, dass dieses gewaltige Erbe über Jahrtausende vom Wüstensand verschluckt war, Stück um Stück wieder hervorgeholt wurde und in der Neuzeit erneut unterging im Sturm von Gewalt. "Aber der Irak ist mehr als Tod und Terror", laden Kadham Sami vom Irakischen Migrantenrat Mitteldeutschland und Razak Mihel vom Multikulturellen Zentrum Dessau ab kommender Woche zu einer Veranstaltungsreihe ein.
Die "Irakische Kulturwoche" will den deutschen Bürgern erzählen und berichten von dem fremden Land. Das allerdings ist durch jahrzehntelange Migrantenbewegung seit der Diktatur unter Sadam Hussein seit den 1970er Jahren nah gerückt. Fast vier Millionen Iraker wurden ins politische Exil gezwungen, fassten langsam wieder Fuß in Europa oder Übersee, gelten an Universitäten, Kliniken oder Wirtschaftsunternehmen als gefragte, hochspezialisierte Fachleute. Mit der Migrationswelle kamen etwa 2 500 Iraker auch nach Sachsen-Anhalt. In Dessau-Roßlau leben heute etwa 100 irakische Familien, die allermeisten kurdischer Abstammung, sagte Razak Minhel. Nun gibt es in Sachsen-Anhalt eine erste Irakische Kulturwoche.
Das Ereignis wird vom Landesverwaltungsamt finanziell unterstützt mit rund 5 580 Euro. Das Gesamtvolumen für die sechs großen Einzelveranstaltungen (vier in Dessau-Roßlau und je eine in Magdeburg und Halle) wird mit knapp 8 000 Euro geplant. Den Differenzbetrag bringen Multikulti-Zentrum und Migrantenrat aus den eigenen Reihen auf. Die Künstler, Autoren, Maler und Fotografen treten ohne Honorar auf. Die Iraker verstehen die Angebote als Einladung. "Wir laden unsere deutschen Nachbarn ein, die Kultur unseres Volkes zu entdecken", blättert Sharifa Minhel strahlend den neuesten Bildband mit Aufnahmen aus dem Pergamon-Museum auf. Das Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße von Babylon, Sharifa stand vor einem Monat beim Besuch ihrer alten Heimat wieder an den historischen Stellen. "Es gibt wieder neues Leben im Irak. Aber es ist täglich zu erkämpfen", weiß Kadham Sani um den schweren Wiederaufbau. "Und mit der Kulturwoche wollen wir als Friedensbotschafter auftreten."