Zum Geburtstag von Kurt Weill Zum Geburtstag von Kurt Weill: Ein Fest, wie es allen gefällt
Dessau/MZ. - Ein wenig Mut brauchte es schon. Eine gute Stimme war auch von Vorteil. Den Spaß gab es dann allerdings gratis dazu. Und den hatten vor allem die Umstehenden in dem gemütlich eingerichteten Foyer auf der dritten Etage des Bauhauses, das mit Coach und Teppich ganz einem deutschen Wohnzimmer glich. Am Sonnabend konnte dort jeder seine persönliche Weill-Interpretation zum Besten geben. Während der Karaoke-Show mit Liedern aus der Dreigroschenoper wurden zwar keine neuen Talente entdeckt. Dafür war ein lustiger Weg gefunden, sich hautnah mit dem Weillschen Werk auseinander zu setzen.
Darum ging es auch während des Geburtstagsfestes zu Ehren Kurt Weills: Auf allen Etagen des Bauhauses sollte der 102. Geburtstag des Komponisten fröhlich, ausgelassen und bis in den frühen Morgen gefeiert werden. Mit guter Musik, hervorragendem Essen und noch besseren Ideen der Studierenden der Leipziger Hochschule für Graphik und Buchkunst hatte "Bills Ballhaus" für diese Nacht die Fest-Hoheit in der Stadt übernommen. 500 Besucher sollten am Ende die grandiose Atmosphäre des Abends genossen haben.
Ab 21 Uhr drängten sich die Gäste in der Bauhaus-Aula, um die israelische Sopranistin Tal Amir zu erleben. Auf charmante Weise sang sie unter der Begleitung Shimon Cohens am Klavier Chansons von Kurt Weill und Friedrich Hollaender. Mit dem Song "Ich bin die fesche Lola" konnte sie schließlich das Publikum begeistern. Amir, die in fließendem Deutsch in jedes ihrer Stück einführte, hatte zuvor betont, gerne in Dessau aufzutreten. "Es ist eine große Ehre für mich, hier Kurt Weill zu singen."
Nach Amirs kurzem Programm wurde das reichhaltige Buffet eröffnet, das in diesem Jahr an zwei Orten aufgebaut worden war. Der traditionelle Kampf um die besten Plätze wurde somit entschärft. Wer schnell genug verdaut hatte, konnte sich auf die Bühne und mit "Jerry Jenkins and His Band of Angels" auf eine Reise durch die Geschichte der Tanzmusik wagen. Jenkins'' frisch aufspielendes Ensemble vermochte es, seine eigene Spielfreude schnell auf die Tanzpaare zu übertragen. So hielt es viele Ballgäste bei Foxtrott, Walzer, Cha-Cha oder Tango nicht mehr auf ihren Plätzen.
Ein Rundgang durch das fantasievoll und einfallsreich in Szene gesetzte Bauhaus war nicht weniger langweilig - im Gegenteil und auch im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Da gab es die dicht umdrängte Karaoke-Bar. Eine Fotoschau mit Standfiguren lud ein, sich hinter den im Stil der 20er bis 40er Jahre gekleideten Pappaufstellern fotografieren zu lassen. In der Lounge mit zeitgenössisch transformierter Musik und Bildern aus Weills Lebenszeit ließ es sich gepflegt ausharren.
Mit einfachen Mitteln, aber exzellent umgesetzt, gelang es den Grafikdesign- und Buchkunststudierenden, das gesamte Haus zu einen betörenden Ort für alle Sinne zu machen. Besonders beeindruckend gelang dies im Verbindungsgang zwischen den Gebäudeteilen auf der zweiten Etage, der so genannten Brücke, die von den Leipziger Studierenden tatsächlich zur Schiffsbrücke umgestaltet wurde. Fast gefährlich zeigte der Weg von einem Teil des Hauses in den anderen. Die Klanginstallation aus tönenden Kartons erschien durch den Einsatz von Kunstnebel, Scheinwerfern und Stroboskopblitzen noch mysteriöser.
Ähnlich geheimnisvoll waren die verschiedenen Wasserprojektionen. Raffiniert an Wände projizierte Abbildungen von mit Wasser gefüllten Schälchen erzeugten eine effektvolle Atmosphäre. Selbst auf der Toilette blieben die Gäste nicht ungestört. Gelächter des jeweils anderen Geschlechts irritierte die Notdürftigen. Wem das alles noch nicht ausreichte, für den legten DJ Jürgen Haus und Paula Sau auf. Für die Tanzwütigen gab es im Heizungskeller auf bewährte Weise einiges auf die Ohren.
"Ich weiß ja nicht, ob Ihnen so was grad gefällt, doch: es war das Schönste auf der Welt." Dem Gangster Bill Cracker aus "Happy End", der dies im Bilbao-Song sagt, kann nur beigepflichtet werden.