Zuckerturm in Dessau Zuckerturm in Dessau: Mit Alpenverein hoch hinaus zum Jubiläum

Dessau-ROSSLAU - Eine Sektion des Alpenvereins im flachen Dessau-Roßlau? „Das klingt im ersten Moment schon ein wenig abstrakt“, gibt Andrea Linke zu. Doch Projekte, wie die Kletterhalle in der alten Brauerei, lassen die Skepsis verfliegen. „Bei uns geht es nicht nur um das reine Klettern oder Bergsteigen, sondern überhaupt um sportliche Naturverbundenheit“, so Linke, die seit mehr als einem Jahrzehnt Mitglied ist. Deshalb fänden auch Paddler, Wanderer, sowie Wintersportler ein „Sammelbecken“ im Alpenverein - und das seit genau 120 Jahren.
Wiedergründung der „Dessauer Bergfreunde“
Abgesehen von diesem Jubiläum gab auch der 25. Jahrestag der Wiedergründung der „Dessauer Bergfreunde“ nach der Wende Anlass zur Feier eines wahren Doppelgeburtstages. Nicht nur Vereinsmitglieder, sondern auch sportlich interessierte Dessau-Roßlauer waren am Sonntagnachmittag in den Zuckerturm eingeladen, diesen gebührend zu begehen. „Uns kommt es vor allem auf ein geselliges Zusammensein an“, sagt Andrea Linke. Gerade beim Klettern sei Austausch und Zusammenhalt in der Gemeinschaft genauso unverzichtbar wie Teamgeist und gegenseitige Motivation.
Sichern das A und O
Davon konnten sich die Gäste bei freier Betätigung an den 20 Meter hohen Kletterwänden des Turmes selbst überzeugen, stellt das Sichern durch einen Zweiten an den meisten Parcours doch nach wie vor das A und O dar. Doch auch außerhalb der Festlichkeiten findet die Halle - in Sachsen-Anhalt die einzige ihrer Art – großen Zuwachs. „Die Nachfrage ist unglaublich und nach wie vor ungebrochen“, berichtet Linke. Auch beim Thema Nachwuchs müsse man sich vorerst keine Sorgen machen. „Wartelisten für den Einstieg in unsere Kinder- und Jugendgruppen sind zur Normalität geworden.“ Robin Stief ist von „dem etwas anderen Sport“ begeistert. „Ich wusste gar nicht, dass Klettern so viel Spaß machen kann“, sagt der Neunjährige aus Kossa. Gemeinsam mit Freunden feierte er am Pfingstsonntag seinen Geburtstag in der alten Brauerei. „Sollte es mit einem Kletterurlaub nicht klappen, kommen wir auf jeden Fall bald wieder“, steht für Vater Oliver Stief fest.
Das Jubiläum bietet aber auch Gelegenheit zurückzublicken. So ist die positive Resonanz nur eines von vielen erreichten Zielen, auf die der Verein stolz ist. „Absoluter Höhepunkt war definitiv der Aufbau der Kletterhalle“, sagt Thomas Huber und lobt die „große Leistung der Einzelnen“. Ebenso prägend sei die Errichtung der Dessauer Hütte in Papstdorf gewesen, welche im Elbsandsteingebirge, eines der Hauptklettergebiete des Vereins, liegt. Bereits vor mehr als 100 Jahren habe es eine vereinseigene Baude gegeben. „In unserem Archiv gibt es Material von 1911 über eine Anhalter Hütte in den Lechtaler Alpen. Dass die Dessauer es schaffen, diese lange Tradition aufrechtzuerhalten, ist großartig“, zeigt sich der Vereinsvorsitzende stolz.
Abschluss gleichzeitig der Höhepunkt
Den Abschluss und damit gleichzeitig auch Höhepunkt am Sonntag bildete die Lesung des Autors Peter Brunnert. Selbst seit seiner Kindheit ambitionierter Kletterer und Bergsteiger, berichtet er in seinen Büchern über unfreiwillig komische Erlebnisse in luftigen Höhen. „Ich habe quasi mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt der Schriftsteller aus Hildesheim. „Der Sport ist heutzutage wieder trendy, gerade bei jungen Leuten in Städten. Statt ins Fitnessstudio treibt es sie immer mehr an die Kletterwände.“ Dem schließt sich auch Andrea Linke an. „Beim Klettern kommt es nicht darauf an, den höchsten Berg zu besteigen. Der Weg ist das Ziel.“ Das Besondere ist für sie die Vielfalt der Betätigung. „Es gibt keinen vergleichbaren Sport, bei dem Körper und Geist gleichermaßen so stark gefordert sind.“ (mz)