Wohnungswirtschaft Wohnungswirtschaft: Schönes Wohnen im Dorf von Roßlau
Roßlau/MZ. - Schon 1963 ist Elfriede Kres mit ihrem Mann Kurt und zwei Kindern hier eingezogen. "500 Aufbaustunden mussten wir damals leisten, um die Wohnung zu bekommen", erinnert sich Elfriede Kres. Und als ihr Mann zur Nationalen Volksarmee eingezogen wurde, übernahm seine Frau die restliche Arbeit. "Unmengen Schutt habe ich geschleppt", blickt sie auf die schwere Zeit zurück.
Der Zahn der Zeit hatte mittlerweile an den Wohnhäusern in der Mitschurinstraße genagt. Die Fassaden grau und unansehnlich das Mauerwerk an den Balkons bröckelig, machte das Haus auf Mietinteressenten nicht gerade den besten Eindruck. Einige Zwei-Raum-Wohnungen, alle ohne Balkon, standen auch schon leer, und die wie Familie Kres meist seit vielen Jahren hier lebenden Mieter fragten ungeduldig, wann sich endlich etwas tut.
"Wir sanieren alles nach und nach", erklärt der Geschäftsführer der Roßlauer Wohnungsgenossenschaft (RWG), Gerd Altzschner. Schließlich wolle die RWG ohne Kredite auskommen. "Das soll uns erstmal jemand nachmachen", fügt er nicht ohne Stolz hinzu.
1997 / 98 sei auf Fernwärme umgestellt worden, die Genossenschaft habe die Bäder gefliest und die Treppenhäuser renoviert, schildert Altzschner den Ablauf am Beispiel des Blocks Mitschurinstraße 31 bis 41. Für die jetzt so gut wie abgeschlossenen Arbeiten habe die Genossenschaft 350 000 bis 400 000 Euro veranschlagt, rechnet die für Finanzen zuständige Mitarbeiterin Karin Torge vor. Die Aufträge haben ausschließlich Firmen aus der Umgebung, so aus Roßlau, Dessau, Coswig und Zerbst, erhalten. Bis Weihnachten, so kündigt Altzschner an, sollen auch die Außenanlagen gestaltet sein, mit Rabatten und gepflasterten Zugängen zu den Haustüren.
Eine Modernisierungsumlage werde nicht auf die Miete draufgeschlagen, versichert Karin Torge. Eigentlich sei das gesetzlich vorgesehen, "aber irgendwelche Vorteile müssen unsere Genossenschaftsmitglieder doch gegenüber einem normalen Mieter haben", begründet das Vorstandsmitglied diese Entscheidung. Auch gingen die Balkons nicht wie üblich mit der Hälfte der Fläche, sondern nur zu einem Drittel in die Grundmiete ein, informiert sie. Bewohner der Zweiraumwohnungen, die vor der Sanierung keinen Balkon hatten, zahlen für diese Errungenschaft symbolisch einmalig zehn Euro.
Einige Mieter hätten große Angst vor dem Dreck gehabt, den Handwerker zwangsläufig machen, berichtet Geschäftsführer Altzschner. Der größte Teil der Arbeiten sei aber außerhalb der Wohnungen erledigt worden, "und die neuen Balkontüren, das war an einem Tag erledigt", betont er. Auch seien die Bewohner zuvor über die Pläne informiert und an Entscheidungen beteiligt worden. Aus jedem Eingang konnte, wie bei solchen Vorhaben üblich, ein Vertreter mitreden. "Die Fassaden-Farben suchen meist die Frauen aus", weiß Altzschner aus Erfahrung.
"Das mit den Handwerkern war schon anstrengend", meinte Elfriede Rarek, als sie am Donnerstag ihren Müll 'rausbrachte. "Aber sie haben alles vorher abgedeckt, und jetzt ist das Haus wirklich schön", sagte die Mieterin einer Zweiraum-Wohnung, die anfangs große Bedenken hatte. Der gute äußere Eindruck habe schon gewirkt, fügt Geschäftsführer Altzschner hinzu. Für die leeren Zweiraum-Wohnungen hätten sich bereits Interessenten gemeldet.
Die Anziehungskraft dieser Wohnungen sieht Karin Torge unter anderem im Mitspracherecht und im Gemeinschaftsgefühl der Genossenschafter. "Pfaffengrund, Mitschurinstraße, Magdeburger-Straße, Bietheweg - das ist doch wie ein kleines Dorf", schildert sie die Atmosphäre in dem Wohngebiet. Und dann spiele die Mundpropaganda eine große Rolle. "Unter den Genossenschaftern haben wir nicht selten mehrere Generationen von den Großeltern über die Kinder bis zu den Enkeln", weiß Karin Torge.
Nach Abschluss der Arbeiten sind ab dem Frühjahr 2004 die drei Wohnblöcke mit 96 Wohnungen auf der anderen Seite der Mitschurinstraße dran. Auch hier sollen die Fassade saniert, die Balkons abgerissen und erneuert werden. Dabei möchte die Wohnungsgenossenschaft möglichst die gleichen Firmen einsetzen, weil die ja mit dem Wohnblock gegenüber schon Erfahrungen gesammelt haben.
Fördermittel kann die Wohnungsgenossenschaft dafür kaum noch in Anspruch nehmen, weil die Investitionszulage 2003 vom Gesetzgeber stark zurückgefahren wurde. Für die Modernisierung setzt die Genossenschaft unter anderem die Einnahmen aus dem Verkauf von 167 Wohnungen ein. Die Privatisierung von 15 Prozent des Bestandes war Voraussetzung für den teilweisen Erlass von Altschulden. Der Abriss von Wohnblöcken ist trotz möglicher finanzieller Förderung nicht vorgesehen, teilt Geschäftsführer Altzschner mit. Zum einen sei der Leerstand mit unter zehn Prozent nicht gravierend, zum anderen verfüge die Genossenschaft für die Sanierung über ein entsprechendes finanzielles Polster.