Testzentrum Klassenraum? Wie Schulen und Eltern in Dessau mit der neuen Corona-Testpflicht umgehen
Der verpflichtende Nachweis eines negativen Coronatests stellt die Schulen vor eine große Herausforderung. Warum man an der Zoberbergschule das Testen in der Obhut der Elternhäuser sieht.
Dessau - Lange Warteschlangen vor dem Testraum gab es am Montagmorgen in der Ganztagsschule Zoberberg nicht. Denn 95 Prozent der Schüler haben ihren negativen Corona-Test-Nachweis schon mit in die Schule gebracht. Lediglich fünf Prozent der insgesamt 433 Schüler hätten in der Schule nachgetestet werden müssen, berichtet Schulleiter Andreas Weyprachtitzky.
Wie alle seine Kollegen in Sachsen-Anhalt hat er seit Montag die von der Landesregierung beschlossene Testpflicht für Schüler durchzusetzen. Wie viele Verordnungen kam auch diese kurzfristig. Genauer gesagt wurde die entsprechende Mail am Donnerstagabend verteilt. „Wir hatten dann doch noch den ganzen Freitag Zeit, das umzusetzen“, bemerkt Weyprachtitzky nicht ohne Sarkasmus. Die Schule zum Testzentrum zu machen, lehnte er aber ab. Aus mehreren Gründen.
„Ich sehe in einem Gemeinschaftstest die große Gefahr der Ausgrenzung“
Wichtigstes Argument ist für Weyprahtzitzky die Wahrung des Persönlichkeitsrechtes der Kinder. „Solch ein Test gehört in die Sicherheit des Elternhauses, denn die Schüler haben teilweise Angst vor dem Testen und sie haben Angst vor dem Ergebnis. Was passiert mit mir, wenn das Ergebnis positiv ist, wie stehe ich dann vor den anderen da“, zählt der Schulleiter für ihn ganz wesentliche Punkte auf.
„Ich sehe in einem Gemeinschaftstest die große Gefahr der Ausgrenzung.“ Er habe diese Frage mit dem Schulelternrat besprochen und Zustimmung erfahren. „Es gibt für mich auch keinen Anlass, den Eltern nicht zu vertrauen“, sagt er. Dass die Ergebnisse von zu Hause weniger belastbar seien, glaube er nicht.
Das Gropiusgymnasium wird am Dienstag mit den Pflichttestungen seiner 650 Schüler starten
Das Testen an sich ist für die Schulen nicht ganz neu. Seit Mitte März lief dies bereits auf freiwilliger Basis. „Glücklicherweise“, sagt Weyprachtitzky, „so hatten wir schon eine Test-Infrastruktur aufgebaut und sind am Montag nicht bei Null gestartet.“ In der Freiwilligkeitsphase habe das Testen bei den Eltern eine hohe Akzeptanz gehabt, berichtet der Schulleiter. Nur zwei hätten die Präsenzpflicht für ihre Kinder ausgesetzt, weil sie diese nicht testen wollten.
Das Gropiusgymnasium wird am Dienstag mit den Pflichttestungen seiner 650 Schüler starten. „Wir hatten nicht genügend Tests geliefert bekommen für diese Woche, so dass wir am Montag ein großes Durcheinander gehabt hätten “, teilt Schulleiter Michael Teichert mit.
„Wir werden in dieser Woche Dienstag und Donnerstag Testtage haben.“ Den Montag habe man genutzt für die organisatorische Vorbereitung, habe Listen vorbereitet und den Testplan für die nächsten drei Wochen erstellt. „Es ist eine logistische Herausforderung“, so Teichert. Und es sei ein Thema mit großem Informations- und Gesprächsbedarf. „Es gibt viele unterschiedliche Ansichten und Meinungen, die Eltern haben viele Fragen, mit denen sie zu uns kommen.“
Stadtsprecher Carsten Sauer bestätigte auf Nachfrage die Lieferprobleme des Sozialministeriums
Stadtsprecher Carsten Sauer bestätigte auf Nachfrage die Lieferprobleme des Sozialministeriums. In der Tat hätten noch nicht alle Schulen am Montag ausreichend Tests für diese Woche zur Verfügung gehabt. „Das soll aber am Dienstag behoben sein.“ An der Zoberberger Schule standen am Montag ausreichend Tests zur Verfügung, um in dieser Woche noch weitere zweimal ausgeben zu können, so der Schulleiter.
Für René Schönau ist eines klar: „Die Testpflicht kommt zu spät“, sagt der Vorsitzende des Stadtelternrates mit Nachdruck. Um mehr Sicherheit in die Schulen zu bekommen und damit mehr Normalität in den Unterricht hätte man schon viel eher testen müssen. Dass das Testen Pflicht für Lehrer und Schüler ist, stellt für Schönau kein Problem dar. „Wir brauchen eine klare Linie für mehr Normalität.“ (mz/Sylke Kaufhold)