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Weniger als 365 Euro pro Jahr Weniger als 365 Euro pro Jahr: Für 70 Cent am Tag mit Bus und Bahn durch Dessau-Roßlau

Von Daniel Salpius 02.08.2019, 08:23
Mit der Umweltabokarte fährt man in Dessau-Roßlau für 70 Cent pro Tag mit dem ÖPNV.
Mit der Umweltabokarte fährt man in Dessau-Roßlau für 70 Cent pro Tag mit dem ÖPNV. Thomas Ruttke

Dessau-Roßlau - Einen Euro pro Tag zahlen und dafür das ganze Jahr Bus und Bahn frei nutzen können. Für mehr Menschen könnte das ein Anreiz sein, das Auto stehen zu lassen. Und das wäre gut fürs Klima, entlastend für die verstopften Städte. Während in den deutschen Großstädten noch hitzig über das Für und Wider des 365-Euro-Tickets diskutiert wird, lehnt sich Thomas Zänger verbal gelassen zurück. „Haben wir in Dessau-Roßlau längst. Kostet bei uns sogar nur 70 Cent pro Tag“, sagt der Stadtwerke-Chef.

4.000 Kunden nutzen bereits das Umweltabo der DVG

Schon seit Anfang der 2010er Jahre bietet die Dessauer Verkehrs GmbH (DVG) die sogenannte Umweltjahreskarte für 298 Euro an. „Wenn ich das Ticket viel nutze, bin ich damit bei ungefähr 70 Cent am Tag“, so Zänger.

Im Umweltabo kann die Jahreskarte in monatlichen Raten von 25 Euro bezahlt werden. Und: Sie ist monatlich kündbar. „Aber nur, wenn gute Gründe vorliegen wie ein Wegzug oder ein langer Krankenhausaufenthalt“, betont Zänger. Ohne eine solche Einschränkung kaufe sonst niemand mehr ein Monatsticket. Denn dies ist mit 38 Euro deutlich teurer.

2.500 Kunden nutzen das Umweltabo laut DVG-Geschäftsführer Torsten Ceglarek bereits. Hinzu kämen rund 1.500 Schüler, die das Angebot ebenfalls über die Schulen nutzen würden. Zwischen 15.000 und 20.000 Fahrgäste befördert die DVG täglich. „Das ist aber stark tages- und witterungsabhängig“, so Ceglarek.

Haupteinnahmequelle der DVG ist nach wie vor der Einzelfahrschein für 1,70 Euro

Doch warum ist in Dessau-Roßlau für 70 Cent pro Tag möglich, was nach Einschätzung vieler Politiker und Verkehrsexperten in Großstädten schon für einen Euro nicht geht? „Es ist machbar, weil wir es wollten“, sagt Zänger. Der Tarif passe preislich, weil der Durchschnittsnutzer damit nicht zehnmal hin und her fahre. Und: Weil die Haupteinnahmequelle der DVG nach wie vor der Einzelfahrschein für 1,70 Euro sei.

Am Ende ist der vergleichsweise niedrige Preis für die Umweltjahreskarte also vor allem den wirtschaftlichen und strukturellen Bedingungen in der Doppelstadt geschuldet. DVG-Chef Ceglarek macht daraus keinen Hehl. Laut einer regelmäßigen, repräsentativen Befragung der TU Dresden zur Mobilität in Städten habe Dessau einen sehr starken Fahrradanteil von 25 Prozent. „Deshalb müssen wir preislich ein Niveau halten, bei dem sich nicht noch mehr Leute überlegen, lieber das Fahrrad zu nehmen.“ Man sei so billig, weil man die Radfahrer mit berücksichtigen müsse, insbesondere in den Sommermonaten.

Trotz allem wird es auch bei der DVG in absehbarer Zeit wieder eine Fahrpreissteigerung geben

Zudem mache der motorisierte Individualverkehr der DVG starke Konkurrenz. In Dessau-Roßlau sei es eben kein Problem, mit dem Auto bis in die Innenstadt zu fahren, so Ceglarek. Es gebe genug und recht günstige Parkflächen. Deshalb würden auch die vorhandenen Park und Ride Parkplätze kaum genutzt. In den Großstädten seien Parkplätze dagegen rar und sehr teuer.

Trotz allem wird es auch bei der DVG in absehbarer Zeit wieder eine Fahrpreissteigerung geben. „Es ist aber noch nichts akut. Wir sind gerade in der Planung für das kommende Wirtschaftsjahr. Wenn zum Erhalt des Unternehmens notwendig, werden wir die Preise anheben“, betont Zänger.

Ob das 365-Euro-Ticket in den Zentren funktionieren kann, sieht Ceglarek skeptisch. „Die Verfechter gehen davon aus, dass sie durch eine steigende Nachfrage schlussendlich mehr Geld verdienen.“ Steigen würden dann aber auch die Nutzungszahlen. Weil die großen Verkehrsbetriebe in Spitzenzeiten aber schon jetzt an der Grenze der Leistungsfähigkeit seien, müssten sie in zusätzliche Linien, Fahrzeuge und Personal investieren, ist sich der DVG-Chef sicher. Ob die gestiegene Nachfrage diese zusätzlichen Kosten ausgleichen kann, bezweifelt er. (mz)