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Kampf gegen Corona Welche Folgen hätte die Bundes-Notbremse für Dessau-Roßlau?

Auch Dessau-Roßlau wäre von dem schärferen Infektionsschutzgesetz, wie es Angela Merkel plant, betroffen. Viele Lockerungen würden zurückgenommen.

19.04.2021, 08:53

Dessau-Roßlau - Seit vielen Tagen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Dessau-Roßlau deutlich über dem Wert von 100. Die geplante bundesweite und verpflichtende „Notbremse“, die die Bundesregierung in dieser Woche auf den Weg gebracht hat, würde damit auch hier gelten.

Sollte das geänderte Infektionsschutzgesetz nach jetzigem Stand Bundestag und Bundesrat passieren, hätte das ein erneutes Einfrieren des öffentlichen Lebens zur Folge. Was das genau bedeutet, erklärt die MZ für einige Branchen.

Was bedeutet die Notbremse fürs Einkaufen?

Die meisten Lockerungen, die dem Einzelhandel im März wieder gewährt wurden, würden zurückgenommen. Das betrifft etwa das Click&Meet-Modell, bei dem Kunden in Geschäften einen Termin zum Shoppen vereinbaren. Und selbst eine seit Ausbruch der Pandemie bislang unangetastete Branche wäre erstmals vom Lockdown betroffen: der Lebensmitteleinzelhandel, sprich Supermärkte.

Denn die Notbremse wird nach heutigem Stand auch eine Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr beinhalten. Einkäufe in Supermärkten sollen ausdrücklich nicht zu den Gründen zählen, wegen derer das Haus verlassen werden darf.

Wenn Kunden sich nach 21 Uhr also nicht mehr auf den Weg in den Supermarkt machen dürfen, brauchen diese auch nicht mehr später geöffnet zu haben. In Dessau-Roßlau gibt es mit Rewe und Kaufland zwei Ketten, die eigentlich bis 22 Uhr geöffnet haben. Beide Unternehmen planen, sollte das Gesetz in Kraft treten, früher zu schließen.

„Im Falle einer Ausgangsbeschränkung, werden wir unsere Filialen bereits um 21 Uhr schließen“, sagte eine Kaufland-Sprecherin. Eine Sprecherin der Rewe-Gruppe sagte auf MZ-Anfrage, bislang sehe der Entwurf des geänderten Infektionsschutzgesetzes wohl so aus, dass Einkäufe im Supermarkt keine triftigen Gründe seien, das Haus während einer Ausgangssperre zu verlassen. „Wenn das so kommt, würden wir um 21 Uhr schließen.“

Sind auch Restaurants betroffen?

Noch sind viele Details der „Notbremsen“-Regelung unklar. Restaurants dürfen in Dessau-Roßlau schon jetzt ihre Gäste nicht vor Ort bedienen, ihnen aber Speisen zum Mitnehmen verkaufen. Zumindest ab 21 Uhr dürfte das wegen der Ausgangssperre schwierig werden, denn ein Gang zum Restaurant dürfte genauso wenig wie ein Besuch im Supermarkt ein triftiger Grund sein, um das Haus zu verlassen.

Gerold Kretschmar, der in Dessau-Roßlau zwei „Domino’s“-Pizzalieferdienste betreibt, weiß, was eine Ausgangssperre für seine Branche bedeutet. Mehrere Filialen in Halle sind schon betroffen. „Dort durfte ab 21 Uhr keine Pizza mehr abgeholt werden, die Auslieferung war aber weiterhin erlaubt“, sagt der Geschäftsmann.

Etwa 35 bis 40 Prozent der Pizzen würden von den Kunden abgeholt. Einen Umsatzeinbruch habe es in Halle dennoch nicht gegeben und auch für Dessau erwartet er keinen signifikanten Rückgang.

Was wird mit dem Dessauer Tierpark?

„Schlimmstenfalls erhalte ich die Anweisung zur Schließung der Einrichtung“, hat Tierparkleiter Jan Bauer den „Worst Case“ gedanklich durchgespielt. Ungern zwar, aber illusionslos. „Ich habe bei der Landespressekonferenz gesehen, wie schwer es Gesundheitsministerin Grimm-Benne gefallen ist, über die vom Bund geplanten Zoo-Schließungen zu sprechen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz die 100 übersteigt. Aber wird die Notbremse bundesweit Gesetz, haben wir nur eine Chance, wenn die Stadt eben wieder unter 100 kommt und bleibt.“

Zur Überbrückung der Zeit bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes habe die Landesregierung jetzt die bestehende Corona-Verordnung verlängert, „das gibt uns noch mal drei Wochen Zeit“, sagt Bauer. Das betrifft auch die ab der kommenden Woche geplante Lichtkunst-Installation von Jörn Hanitzsch, die ab 21. April das gesamte Tierparkgelände bis in die Nachtstunden erleuchten soll.

Die Installation um die monumentalen „Wächter der Zeit“ vor dem Mausoleum ist geplant bis zum 24. Mai. Bis dahin sollten die Öffnungszeiten im Tierpark eigentlich erweitert werden. Ob der Tierpark zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch geöffnet hat, ist unklar. Im Normalfall schließt die Tierparkkasse um 18 Uhr und werden die Türen ab 19 Uhr geschlossen. Ab kommenden Mittwoch nun sollen Tore und Kasse abends bis auf weiteres um 19 Uhr wieder geöffnet werden. Da wäre dann ohnehin die vorgesehene „Sperrstunde“ um 21 Uhr gesprengt.

Was bedeutet die Ausgangssperre für Jugendliche?

Nach Auffassung der drei Streetworker Dessau-Roßlaus werden die Auswirkungen einer Sperrstunde nicht so groß sein, da Jugendliche schon jetzt kaum noch draußen seien. „Dann wird sich noch mehr in den eigenen Wohnungen und am PC abspielen“, gibt Sven Trautwig die Meinung der Kollegen wider. Ehrlicherweise müsse man ja auch sagen, dass es im Lockdown kaum einen Grund gibt für junge Leute, nach 21 Uhr rauszugehen. Denn los sei ja nichts.

Wie fahren Bus und Bahn in den Abendstunden?

Bis auf den Weg zur Arbeit gäbe es während einer Ausgangssperre nicht allzu viele Gründe, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln umher zu fahren. Ob der Fahrplan nach 21 Uhr ausgedünnt wird, wollen die Stadtwerke aber erst entscheiden, wenn das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt. Man könne heute noch keine Prognose abgeben, sagte Stadtwerkesprecher Christian Mattke auf MZ-Nachfrage. (mz/Oliver Müller-Lorey, Silvia Bürkmann und Sylke Kaufhold)