Wechsel in den Ruhestand Wechsel in den Ruhestand: Schlüsselübergabe am Mittag
Coswig/MZ. - Den Schlussstrich wollte er am Mittwoch um 12 Uhr Mittag ziehen. Das hatte sich Peter Titzmann so vorgenommen. "Frau Ludwig, meine Nachfolgerin, bekommt dann mein Schlüsselbund", sagt er recht emotionslos. Dass ihm der Abschied nach 42 Jahren Wirken in der Allgemeinen Wohnungsgenossenschaft (AWG) e.G. Coswig nicht schwer fallen soll, kann man kaum glauben. Doch Titzmann antwortet abgeklärt: "Ich habe den Abstand schon gefunden. Ich muss wissen, wo meine Grenzen sind."
Abschied genommen hat er quasi auf Raten. Denn seiner Nachfolgerin Birgit Ludwig und den beiden weiteren Mitarbeitern im Büro der AWG im Coswiger Beethovenring 7 hat er nach und nach die Geschäfte übergeben. Mit gutem Gewissen sagt er deshalb am Dienstag, nach der offiziellen Verabschiedung als Geschäftsführer: "Die Ampel steht auf Grün."
Vor 43 Jahren kam Titzmann nach Coswig. Der junge 22-jährige Ingenieur-Ökonom aus Colditz erhielt im Coswiger Chemiewerk Arbeit. "Nun muss man wissen, dass zu DDR-Zeiten Trägerbetriebe die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften unterstützten", erklärt er die Verbindung, wie er vom Chemiewerk zur AWG gekommen war. Denn 1960 wurde der Chemiewerker in den Aufsichtsrat der drei Jahre zuvor gegründeten Genossenschaft berufen. Das Ehrenamt sollte der Energetiker drei Jahrzehnte ausfüllen. Erst 1992 wurde er Chef der AWG und bestimmte fortan hauptberuflich, was in der Genossenschaft passierte.
"Anfangs war alles nebenbei zu schaffen", lächelt Titzmann. Über 56 Wohnungen verfügte das Unternehmen in den 60er Jahren. Heute hat sich der Bestand vervielfacht, gehören 650 Wohnungen dazu. "Nach der Wende war die AWG ein Unternehmen, dass sich auf dem Markt durchsetzen musste."
Ehrenamtlich war die Unternehmensführung schon nicht mehr zu handeln, als kurz vor der Wende die 330 AWG-Wohnungen im Beethovenring entstanden. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits ein hauptamtlicher Vorstand eingesetzt. Titzmann, der bis 1992 noch im Chemiewerk Arbeit hatte, sattelte dann vor zehn Jahren als 55-Jähriger ganz in die Wohnungswirtschaft um und nahm die Geschicke der AWG in die Hand.
Der Chef, der ab Donnerstag seinen Ruhestand genießen kann, verlässt die Firma mit einem zufriedenen Ergebnis. "Natürlich haben wir mit Leerstand zu kämpfen", spielt er auf allgemeine Probleme an. Doch 2,5 Prozent Leerstand sind im Vergleich zu anderen Wohnungsunternehmen ein sehr guter Schnitt. Auch mit Mietschulden - sie machen 0,5 Prozent aus - hat das Unternehmen kaum Probleme.
Dass die Genossenschaft so gut dasteht, führt er vor allem auf Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben im letzten Jahrzehnt zurück. Alle Wohnungen haben neue Fenster. Seit 1999 gibt es keine AWG-Wohnung mit Ofenheizung mehr. Und vor zwei Jahren wurde mit der Sanierung von Fassaden und Balkonen begonnen. "Coswig wird schön", ist sich Titzmann sicher. Wurden zuerst die Wohnungen im Inneren auf Vordermann gebracht, gilt es jetzt, den Außenanlagen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Grünflächen gestalten, Müllcontainerplätze eingrünen, Parkplätze schaffen... Auf die drei AWG-Mitarbeiter und die zwei Hausmeister wartet viel Arbeit.
Verfolgen wird Titzmann das Geschehen freilich aufmerksam. "Meinen Nachfolgern werde ich aber nicht reinreden", sagt der Coswiger. Dass er jedoch ab und an mal in die Geschäftsstelle schaut, darf stark vermutet werden. Immerhin ließ er am Mittwoch dort seinen Kugelschreiber liegen...
Doch nun möchte er mit seiner Frau das Leben genießen. Früh eine Stunde länger schlafen zu wollen, kündigt der 65-Jährige an. Und dann sind da freilich noch drei Enkelkinder, der Garten und mancher Reisewunsch, der in Erfüllung gehen soll.