Wasser und Abwasser Wasser und Abwasser: Ist das Trinkwasser in Dessau zu teuer?

Dessau-Rosslau/MZ - Hallenser oder Magdeburger müsste man sein, dann würde man vor allem bei Trinkwasser nicht so tief ins Portemonnaie greifen müssen wie in Dessau-Roßlau. Weshalb zahlen beispielsweise die Magdeburger je Kubikmeter Wasser 1,87 Euro oder die Hallenser gar nur 1,40 Euro und die Dessauer 1,93 Euro? Und weshalb liegen in Dessau-Roßlau die Grundgebühren erheblich höher als in den anderen beiden Oberzentren? Mit Stadtwerke-Geschäftsführer Hans Tobler sprach MZ-Redakteurin Annette Gens.
Am 5. Februar veröffentlichte die Mitteldeutsche Zeitung die Erhebungen des Statistischen Landesamtes zu Trink- und Abwasserpreisen im Land. Wie gut schneidet Dessau-Roßlau Ihrer Meinung nach ab?
Tobler: Auf den ersten Blick - was die Preise für das Trinkwasser betrifft - nicht so gut. Aber das hat Gründe. Die Preise in den Kommunen kann man aus meiner Sicht nicht gegenüberstellen.
Weshalb nicht?
Tobler: Wenn Dessau-Roßlau so viele Einwohner wie Halle oder Magdeburg hätte, könnten wir auch solche Preise wie in den anderen beiden Oberzentren anbieten. Der Kostendeckungsgrad ist einfach ein anderer. Die Voraussetzungen in den Städten sind sehr unterschiedlich. Halle ist eine Stadt mit 231.000 Einwohnern auf 135 Quadratkilometern Fläche. In Magdeburg leben 229.000 Menschen auf 200 Quadratkilometern. In Dessau-Roßlau sind es 84.600 Menschen, auf 244 Quadratkilometer verteilt.
100 Prozent der Haushalte werden mit Trinkwasser versorgt. Das heißt, wir müssen ein größeres Leitungsnetz zur Versorgung vorhalten als die anderen beiden Oberzentren und dieses auch pflegen. Das ist wieder mit Kosten verbunden, die in Halle oder Magdeburg mehr Menschen schultern als in Dessau-Roßlau. Mal abgesehen davon, hat Dessau-Roßlau im Unterschied zu den beiden anderen Oberzentrum nie Baukostenzuschüsse von den Bürgern verlangt.
Was sind Baukostenzuschüsse?
Tobler: In Magdeburg beispielsweise werden diese Zuschüsse beim Bau neuer Leitungen erhoben. Während in Dessau und jetzt in Dessau-Roßlau nur Hausanschlusskosten fällig sind, zahlt der Grundstückseigentümer in der Landeshauptstadt - ähnlich wie bei einer Straßenausbaubeitragssatzung - bis zu 70 Prozent der Kosten für die neue Leitung. Da kommen einige Hundert Euro zusammen. Dessau hatte in seiner Satzung auf solche Beiträge verzichtet. In dem damals noch eigenständigen Roßlau wurden sie gezahlt.
Mit der Fusion und mit der Übernahme der Roßlauer Wasserver- und Abwasserentsorgung durch die Dessauer Stadtwerke entfielen für die Roßlauer diese Beiträge ebenfalls. Wenn man nun solche Baukostenzuschüsse zum Wasser- und Abwasserpreis hinzuzählt, dann relativieren sich die Angaben des Statistischen Landesamtes, dann liegen die Stadtwerke wiederum im Ranking nicht schlechter als die anderen Oberzentren.
Weshalb wurden in Dessau keine Baukostenzuschüsse erhoben?
Tobler: Ich vermute mal, das war eine politische Entscheidung. Aus heutiger Sicht war dies vielleicht ein Fehler. Denn investiert werden muss in die Trink- und Abwassernetze ständig.
Wie viel Geld setzen die Stadtwerke bzw. deren Tochter Dessauer Wasser- und Abwasserversorgung jährlich ein, um den Leitungsbestand auf einem guten Level zu halten?
Tobler: Die Dessauer Wasser- und Abwasserversorgung (Deswa) ist der Betrieb innerhalb der Stadtwerke, der die meisten Schulden hat. Durchschnittlich wurden jährlich sechs Millionen Euro in die Erneuerung von Leitungen investiert. Rund ein Drittel des Geldes fließt in die Erneuerung des Trinkwassernetzes, zwei Drittel in das Abwassersystem der Stadt. Weil die Schulden so hoch sind, werden in diesem Jahr zwei Millionen Euro weniger investiert.
Wie ist das Abwassernetz in Dessau-Roßlau beschaffen?
Tobler: Wir haben Schadensklassen erstellt. Fast 4000 Meter Abwasserkanal sind baufällig und müssen dringend erneuert werden. Etwa 5000 Meter Kanal sind der Schadensklasse zwei zugeordnet. Das heißt, auch hier besteht dringender Handlungsbedarf. Und weitere 11 000 Meter Kanal müssen in den nächsten zwei bis drei Jahren erneuert werden. Das sind Millioneninvestitionen. Und das bedeutet, dass die Stadtwerke sowohl in Dessau als auch in Roßlau mit dem Sanierungsprogramm noch lange nicht fertig sind. Denn noch immer stammt ein beträchtlicher Teil des Leitungsnetzes aus den 1930er Jahren.
Auffällig ist bei der Übersicht des Statistischen Landesamtes, dass die Abwasserpreise in den Kommunen Sachsen-Anhalts nicht so differieren wie die Trinkwasserpreise. Wie erklären Sie sich das?
Tobler: Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe ähnlich wie bei der Müllentsorgung. Es muss kostendeckend gearbeitet werden. Fallen Überschüsse an, werden diese in Form von geringeren Preisen an die Kunden zurückerstattet.
Hand aufs Herz. Wann werden die Preise für Trinkwasser erhöht?
Tobler: Ich persönlich bin gegen eine Preiserhöhung. Aber ich muss einräumen, Diskussionen darüber gibt es hin und wieder. Die letzte Preiserhöhung erfolgte 2008. Damals haben die Stadtwerke ihren Kunden zugesichert, dass die Preise in den nächsten fünf Jahren stabil bleiben. Eingetroffen ist das Versprechen zum Teil. Denn damals war nicht absehbar, dass die Stadt ab 2009 eine Konzessionsabgabe in Höhe von 25 Cent je Kubikmeter Wasser fordert und dass das Land den Wasserpfennig (0,05 Euro je Kubikmeter) einführen wird, der seit 2012 gezahlt wird.