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Vier stolze Welt-Champions wohnen im Stadtteil Törten

Von CLAUS BLUMSTENGEL 24.10.2008, 19:37

DESSAU/MZ. - Weltrennsieger 2005 in Tschechien, 2006 in Ungarn und 2008 in den Niederlanden, Europa-Rennsieger 2007 in Zagreb / Kroatien, Bundessieger von 2004 bis 2006 in Dortmund, Sieger von Österreich . . . - all diese Champions wohnen, von der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbemerkt, in Dessau-Törten. Sie heißen Antaris von Al Tawarg (12), Aulad al Sahra's U' Teghaza (8), Raisuli (5) und O' Madou (3) und gehören dem stolzen Geschlecht der Azawakh an. Das ist eine in Europa äußerst seltene Windhund-Rasse, die vom Stamm der Tuareg in der Sahelzone Afrikas (Mali, Niger, Burkina Faso) gezüchtet wird und im Rennen eine Geschwindigkeit bis 52 Kilometer pro Stunde entwickelt.

"Ein Leben ohne unsere Hunde könnten wir uns nicht vorstellen", sagt Annegret Matthay, die mit ihrem Mann Dieter schon seit 33 Jahren Windhunde hält. Ihr Mann war lange Jahre Rennleiter in Halle, sie selbst bis zur Wende Zuchtrichterin. Damals hatte das Ehepaar Afghanen; Azawakhs wurden in der DDR nicht gezüchtet.

Als Kind hatte Annegret Matthay immer Tiere wie Wellensittiche oder Meerschweinchen. Einen Hund, den sie sich sehnlichst wünschte, bekam sie aber nicht. "Als ich dann verheiratet war, habe ich mal einen Afghanen gesehen und sofort Gefallen an dem Tier gefunden", erinnert sie sich. Da störte sie auch die aufwändige Pflege des heiklen Hundes nicht. Als die Afghanen-Hündin 1995 starb, dauerte es zwei Jahre, bis sich das Ehepaar zum Kauf eines neuen Hundes entschließen konnte. Auf einer Ausstellung hatten die beiden Azawakhs gesehen und war sofort von dieser Rasse fasziniert. "Sie haben einen starken Charakter und lassen sich nicht unterwerfen wie andere Hunderassen, damit muss man umgehen können", schildert Annegret Matthay, was ihr am Azawakh gefällt. Zu streng dürfe man sie ohnehin nicht erziehen. "Dann sind sie auf der Rennbahn nicht so frei, wie das nötig ist", weißt die Halterin.

Stolz sitzen die Vier derweil auf ihren Sofa-Plätzen und scheinen sich ihres Ruhms durchaus bewusst. Vor fremden Streicheleinheiten weichen sie vornehm zurück, und will jemand das partout nicht aufgeben, wird auch schon mal geknurrt.

Annegret Matthay hat ihre Lieblinge von den ersten Lebenstagen an begleitet. Wenn ihr Dr. Ulrich und Anne Hochgesand aus Waldalgesheim / Rheinland-Pfalz, die 1977 die ersten Azawakhs in Deutschland züchteten, einen Wurf ankündigten, machte sich die Dessauerin auf den Weg, betreute die Hundebabys in den ersten Wochen mit, um sich schließlich eines auszusuchen. Dass die Renn-Erfolge ihrer Schützlinge auf ihre fachkundige Auswahl zurückzuführen seien, bestreitet die Halterin nicht. "Die Mutter von Raisuli war Bundessiegerin, die von Madou Weltrennsiegerin", nennt sie die guten Erbanlagen als Voraussetzung. Überhaupt habe ein Windhund seine genetisch bedingte "Grundgeschwindigkeit", lautet ihrer Erfahrung. Allerdings habe sie schon mit den Welpen auf der Rennbahn eines Eilenburger Windhundvereins geübt. "Hinter dem Hasenfell herzujagen, das macht ihnen großen Spaß", weiß die Halterin. Sie läuft mit ihren Hunden jeden Tag und fährt mit ihnen ein Mal in der Woche zwölf Kilometer Rad, so dass ihr Hobby Hunde und Frauchen fit hält.

Auch für die Zuchtschauen des Weltdachverbandes FCI müsse trainiert werden, Kreislaufen zu Beispiel, den Zuchtrichtern die Zähne zeigen und überhaupt der Umgang mit fremden Leuten. "Die Hunde sind dann stets sehr diszipliniert, als wüssten sie, dass es auf ihr Verhalten ankommt", berichtet Annegret Matthay. Raisuli zum Beispiel wurde bereits zwei Mal FCI-Weltsieger in den Kategorien Schönheit und Leistung.

"Wenn sie merken, es geht zu einem Rennen, dann sind sie schon am frühen Morgen ganz hibbelig", berichtet Annegret Matthay, die mit ihrem Mann Mitglied im Deutschen Windhundzucht- und Rennverband ist. Beim Gang zum Startkasten könne sie die Azawakhs kaum mehr halten. "Es ist faszinierend, wie sie dann losjagen. Sie brauchen das einfach", meint die Expertin. Wer dieser Rasse solche Rennen nicht bieten könne und außerdem kein Grundstück als Auslauf habe, der sollte sie nicht halten, mahnt Annegret Matthay und fügt hinzu: "Das wäre nur Stress für Hund und Halter." Für Teghasa werde es 2009 ohnehin eine Umstellung. Die Hündin hat in diesem Jahr in Eilenburg ihr letztes Rennen bestritten. Zuvor war sie noch Fünfte beim Weltrennen 2008 geworden. Doch laut Regelung des Rennzuchtverbandes muss ein Windhund mit acht Jahren in den Ruhestand.

Wetten wie bei den Greyhound-Rennen in England gebe es in Deutschland nicht. "Unser Verband ist dagegen", informiert Annegret Matthey. Wenn es bei den Rennen um riesige Summen ginge, fürchten die deutschen Windhundfreunde, käme es zu Quälereien beim Training. So aber seien Haltung und Rennen der Windhunde eine reine Liebhaberei.

Ein Treffen, wie es jüngst der Beagle-Stammtisch in Wörlitz veranstaltete, werde es hier für Azawakhs leider nicht geben, bedauert Annegret Matthay. Die nächsten Halter dieser Rasse wohnen in Teutschenthal.